Gewalt

Das war aber eine gewalt­tä­tige Woche, diese Woche! Zum einen gab es natür­lich die wöchent­li­che Messer­ste­che­rei am Alex­an­der­platz. Mobile Wache hin oder her, wer Stress will, lässt sich von ein paar Poli­zis­ten nicht davon abhal­ten. Auch in Neukölln, Fried­richs­hain und noch­mal am Alex wurden Menschen von ande­ren mit Messern verletzt. Bleibt zu hoffen, dass das kein neuer Massen­sport wird.

Gewal­tig gekracht hatte es ja schon in der Woche zuvor. Mitt­ler­weile wird deut­lich, dass der Orkan Xavier nicht — wie vor einer Woche an dieser Stelle behaup­tet — 1.000 Bäume umge­legt hat, sondern etwa 20.000. Sorry für die Fake News.

Eben­falls gekracht hat es vorges­tern in Hohen­schön­hau­sen. Dort ist ein Lager­platz inkl. Halle in Brand gera­ten oder gera­ten worden, das weiß man noch nicht so genau. Jeden­falls lagerte dort tonnen­weise Brenn­holz in Form von Euro-Palet­ten, weshalb die Brand­be­kämp­fung ganze 24 Stun­den dauerte. Da es nicht nur 30 Meter hohe Feuer­säu­len gab, sondern auch Gasbe­häl­ter in die Luft flogen, muss­ten die Bewoh­ner benach­bar­ter Häuser ihre Wohnun­gen verlas­sen.
Etwa zu glei­chen Zeit stürzte in Britz eine Tier­ga­rage ein. Ein Bagger hatte auf dem begrün­ten Dach der Garage gear­bei­tet, als sich plötz­lich rund 300 Quadrat­me­ter nach unten senk­ten. Weder der Bagger­fah­rer, noch jemand ande­res wurde verletzt, soweit bekannt.
Leichte Verlet­zun­gen erlit­ten dage­gen drei Besu­cher eines Schwimm­ba­des in Buch. Dort trat am Montag Chlor­gas aus einem Chemi­ka­li­en­be­häl­ter aus. Die Feuer­wehr war mit 80 Mann vor Ort und lüftete die Halle.

Nun kann man Messer­ste­che­reien, bren­nende Palet­ten, einstür­zende Tief­ga­ra­gen und undichte Gasbe­häl­ter nicht wirk­lich verhin­dern. Solche Unglü­cke sind aber auch verhält­nis­mä­ßig leicht zu bekämp­fen. Das sieht bei Groß­ka­ta­stro­phen anders aus. Deshalb fand in der letz­ten Woche eine mehrere Tage lange Kata­stro­phen­übung statt, an der nicht nur Feuer­wehr, Rettungs­dienste und Poli­zei teil­nah­men, sondern teil­weise auch das Bundes­amt für Strah­len­schutz, BKA sowie die US-ameri­ka­ni­sche Bundes­po­li­zei FBI.
An verschie­de­nen Orten wurden unter­schied­li­che Szena­rien geprobt. Darun­ter ein Unglücks­fall am Forschungs­re­ak­tor in Wann­see. Ein Angriff von Terro­ris­ten mit biolo­gi­schen Waffen wurde in der Poli­zei­schule Ruhle­ben simu­liert, hunderte Statis­ten spiel­ten die Opfer. Die Aktio­nen fanden unter dem Namen „Wunder­baum“ statt.

Teil der Übung war auch die Fest­nahme von mutmaß­li­chen Terro­ris­ten. Dass es da erheb­li­chen Nach­hol­be­darf gibt zeigt die Erfah­rung mit dem Atten­tä­ter Anis Amri vom Breit­scheid­platz. Auch in der vergan­ge­nen Woche gab es neue Erkennt­nisse, dass der Anschlag hätte verhin­dert werden können, wenn die Behör­den nicht so sehr geschlampt hätten. Beson­ders schä­big waren im Nach­hin­ein die Versu­che, das Versa­gen der Poli­zei und Justiz durch das Fälschen von Akten zu vertu­schen. Vieles davon ist längst bekannt. Trotz­dem gab es im Unter­su­chungs­be­richt zum Fall Amri, der am Donners­tag vom Sonder­er­mitt­ler Bruno Jost vorge­legt wurde, zahl­rei­che Schwär­zun­gen. Vor allem immer dort, wo es um die Arbeit der Poli­zei ging. Beson­ders perfide: Es wurde deut­lich, dass Akten vernich­tet wurden, weil ja Amri einige Tage nach dem Atten­tat in Italien erschos­sen worden war und gegen Tote nicht ermit­telt wird. Ein Schelm, wer denkt, es solle damit etwas vertuscht werden…

Andere Prio­ri­tä­ten setzt dage­gen SPD-Innen­se­na­tor Andreas Geisel. Er kündigte am Montag an, die Bezirke im Kampf gegen die Obdach­lo­sen zu unter­stüt­zen. Aller­dings formu­lierte er es etwas anders. Nach­dem der grüne Bezirks­bür­ger­meis­ter von Mitte, Stephan von Dassel, seit einem Jahr die Zelte von Obdach­lo­sen im Tier­gar­ten immer wieder abrei­ßen ließ, hatte er nun mit rassis­ti­schen Sprü­chen („Die polni­sche Regie­rung kann ihr sozia­les Problem nicht in Berli­ner Grün­flä­chen lösen“) gegen die Obdach­lo­sen gehetzt. Der Innen­se­na­tor griff das nun auf und teilte mit, es würde eine „Taskforce“ einset­zen, die am Frei­tag auch schon zum ersten Male tagte.
Anstatt etwas gegen die Obdach­lo­sig­keit und die verzwei­felte Situa­tion der Betrof­fe­nen zu tun, gehen Senat und manche Bezirke mit Gewalt gegen diese Menschen vor. Das Elend der Ärms­ten soll verbo­ten werden, indem man sie vertreibt und am Liebs­ten gleich ins Ausland depor­tiert. Pfui Teufel, Herr Sozi­al­de­mo­krat und Herr Grüner, Sie machen die Poli­tik der AfD, ohne dass diese an der Regie­rung betei­ligt ist!

Und natür­lich ist auch Geld dafür da, die Stadt mit Über­wa­chungs­ka­me­ras zu beglü­cken. Am Bahn­hof Südkreuz wird bereits ein großer Bereich mit Gerä­ten über­wacht, die sogar eine einzelne Gesich­ter erken­nen.
Der Innen­se­na­tor hat nun geplant, an bestimm­ten Orte rund drei Meter hohe, mobile Über­wa­chungs­sta­tio­nen einzu­rich­ten. Dummer­weise fallen die bei Wind schnell um. Um außer­dem zu verhin­dern, dass die Teile beschä­digt werden, müss­ten sie stän­dig von der Poli­zei bewacht werden.
Denk­bar ist die Aufstel­lung dieser Über­wa­chungs­ge­räte an bis zu 50 Orten, u.a. der Warschauer Brücke, dem Kott­bus­ser Tor, Leopold- und Alex­an­der­platz. Das würde rund 16 Millio­nen Euro im Jahr kosten. Wie vielen Obdach­lo­sen könnte man für dieses Geld eine Wohnung und ein menschen­wür­di­ges Leben geben.

Aber auch sonst läuft es in Berlin nicht gut: Im Wedding musste die Ernst-Reuter-Ober­schule geschlos­sen werden, weil die Heizungs­an­lage ausfiel und die Schü­ler bei 14 Grad kälte­frei gekom­men haben.
Im West­end werden in manchen Stra­ßen zeit­weise bis zu zwei Wochen lang keine Briefe ausge­tra­gen, weil die Post zu wenig Zustel­ler hat.
Das Leichen­mu­seum am Alex­an­der­platz darf einige seiner Expo­nate nicht mehr zeigen, weil gar nicht klar ist, ob der Mensch, als er noch gelebt hat, über­haupt mit der Ausstel­lung seines toten und enthäu­te­ten Körpers einver­stan­den war.
Berli­ner Poli­zis­ten, die zum G20-Gipfel in Hamburg waren, müssen nun mehrere hundert­tau­send Seiten Akten kopie­ren. Der Unter­su­chungs­aus­schuss der Hanse­stadt will die Berichte und Akten einse­hen und da das Berli­ner IT-System der Poli­zei hoff­nungs­los veral­tet ist, müssen die Seiten jetzt eben per Hand kopiert werden. Das macht etwa eine Tonne Papier.

Und schließ­lich: Berlin ist noch immer arm, aber sexy. Zwar stei­gen die Touris­ten­zah­len weiter­hin an, und auch die Zuzugs­zah­len von eher reichen Menschen flaut nicht ab. Trotz­dem ist Berlin noch ärmer als der Rest der Repu­blik. Die Berli­ner Zeitung kommen­tiert das mit der süffi­san­ten Über­schrift: „Deutsch­land wäre reicher ohne Berlin“.
Bleibt abzu­war­ten, welche Konse­quen­zen diese Erkennt­nis nach sich trägt…

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