Twitter steigt auf

Für viele Leute ist Twit­ter immer noch so ein Frage­zei­chen, wie für unsere Ur-Ur-Groß­el­tern das Tele­fon. Irgend­was neues Tech­ni­sches, und in den schnel­len Zeiten jetzt kommt ja stän­dig was dazu.
Oh ja, und vieles von dem Neuen verschwin­det irgend­wann auch wieder oder bleibt in einer Nische liegen und wird nur von weni­gen genutzt. Gerade bei neuen Anwen­dun­gen im Inter­net weiß man vorher nie, was draus wird.
Twit­ter ist so ein Fall. Nach­dem der Dienst 2006 ins Netz ging, wurde erst­mal expe­ri­men­tiert. Der Erfin­der von Twit­ter, Evan Williams, wollte einfach nur eine Anwen­dung schrei­ben, in der man der Welt mitteilt, was man gerade macht. Auf seinem origi­na­len Skiz­zen­block (siehe Foto) hat er als Inhalt einge­stellt “in bed” und “going in park”. Und in diesem Sinn entwi­ckelte sich der Mittei­lungs­dienst auch, reich­lich banale Nach­rich­ten wurden gepos­tet, die nicht wirk­lich irgend jeman­den inter­es­sier­ten.
Man kann auf zwei Arten twit­tern: Zum einen über eine Maske im Inter­net, aber auch per SMS. In jedem Fall aber dürfen es nicht mehr als 140 Zeichen sein, mehr geht in eine Nach­richt nicht rein.
Die Expe­ri­mente gingen weiter und auf den Blog­ger­kon­gres­sen re:publica 2008 und 2009 wurde gezeigt, was noch geht: An der Wand hinter dem Podium wurde auf einem Bild­schirm gezeigt, was zum Thema der jewei­li­gen Veran­stal­tung gerade getwit­tert wurde. So konn­ten die Zuschauer über ihr Handy den laufen­den Rede­bei­trag kommen­tie­ren. Das hat nicht jedem Redner gefal­len, denn da alles in seinem Rücken ablief, konnte er als Einzi­ger die Kommen­tare nicht sehen. Trotz­dem wurde beein­dru­ckend demons­triert, was geht.
Bei Berlin Street läuft seit eini­gen Wochen in der Seiten­spalte eine Art Nach­rich­ten­ti­cker, in dem neben neuen Arti­keln auf der Website auch zusätz­li­che Texte erschei­nen, die es nicht bis in die regu­läre Website geschafft haben. Auch das ist mit Twit­ter reali­siert.
Und auch bei Demons­tra­tio­nen wird Twit­ter gern genutzt, dann kann live von dort berich­tet werden und jeder mit einem Netz­an­schluss kann das lesen. Bei den großen Protes­ten nach der gefälsch­ten Parla­ments­wahl im Iran gab es zahl­rei­che Twit­te­rer, die der ganzen Welt inner­halb von Minu­ten über Poli­zei­ge­walt und von Schlä­ger­kom­man­dos berich­te­ten. Berüch­tigt war im Früh­jahr auch die Aktion zweier Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­ter, die bei der Wahl zum Bundes­prä­si­den­ten das Ergeb­nis per Handy-Twit­ter schon verra­ten haben, bevor es offi­zi­ell wurde.

Mitt­ler­weile wird der Dienst weiter­ent­wi­ckelt. Demnächst kann auto­ma­tisch der Stadt­ort des Twit­tern­den ange­zeigt werden, so dass man weiß, ob er z.B. bei einer Aktion am Ort des Gesche­hens ist, wie er es behaup­tet. Wenn dann auch die Such­funk­tion den Stadt­ort berück­sich­tigt, hat man schon einen klei­nen regio­na­len oder loka­len Nach­rich­ten­ka­nal.
Wer selber twit­tert, wurde bis gestern nach dem Einlog­gen gefragt: “What are you doing?” (Was machst du gerade?). Der Entwick­lung ange­passt ist nun die neue Frage: “What’s happe­ning?” (Was ist los?). Twit­ter könnte sich zum ernst­zu­neh­men­den dezen­tra­len Nach­rich­ten­dienst entwi­ckeln.

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Zufallstreffer

Geschichte

Erstes Telefonbuch Berlins

Berlin 14. Juli 1881 Bemer­kun­gen: Jeder Bethei­ligte erhält einen Abdruck dieses  Verzeich­nis­ses. Die Namen neu hinzu­tre­ten­der Perso­nen werden den sämmt­li­chen Bethei­lig­ten sofort mitge­teilt. Jedem an der Fern­sprech­an­lage Bethei­lig­ten wird eine ihn bezeich­nende Nummer zuget­heilt. Zum […]

7 Kommentare

  1. Na dann mal sehen :)
    Ich bin kein Twit­ter-Freund, das muss ich geste­hen. Nicht, weil ich es schlecht finde — mir persön­lich sind nur 140 Zeichen zu kurz, um was mitzu­tei­len. Aber ok, ich hab auch SMS bisher igno­riert. Viel­leicht bin ich auch einfach zu altmo­disch ;)

  2. Ich habe zwar Deine Twit­ter-Feeds (im Inter­net) abon­niert, aber das wars auch schon für mich. Ich finde es auch jammer­schade, dass ein Sprach­ge­nie wie Sascha Lobo sich inzwi­schen auf 140 Zeichen redu­ziert und nur noch selten rich­tige Blog-Beiträge schreibt. Nur ein Beispiel.
    Wenn ich aber Nacht­fah­rer wäre und wüsste Deinen jeweils aktu­el­len Stand­ort…

  3. Twit­ter hat schon und wird noch mehr die Kommu­ni­ka­tion verän­dern. Der Trend ist nicht mehr aufzu­hal­ten und gehört in den USA schon zum “main­stream”. Nur die Deut­schen haben mal wieder Beden­ken, über­le­gen erst lange, disku­tie­ren kommen dann doch zu keiner Entschei­dung und handeln einfach nicht.
    Twit­ter ist spon­tan, schnell, aktu­ell und infor­ma­tiv. Aber auch geschäft­lich ist Twit­ter ein neues wich­ti­ges Marke­ting­in­stru­ment. Acuh­tung! Nicht schon wieder zu Zukunft verschla­fen! Just do it!

  4. @DocGoy
    Nur weil ich nicht jeden main­stream mitma­che, verschlafe ich die Zukunft?
    Ob ich die Nach­richt, dass ein Flug­zeug auf dem Hudson notge­lan­det ist, nun ein paar Sekun­den früher oder später erhalte …
    Wer twit­tern will soll das tun, aber daraus gleich Philo­so­phie zu basteln?

  5. @DocGoy
    Ich bin auch nicht dafür, alles zu über­neh­men, nur weil es in den USA Main­stream ist. Eher bis ich froh, dass “die Deut­schen” (jeden­falls viele) nicht allem sofort hinter­her­ren­nen, auch mal Beden­ken haben und disku­tie­ren.
    Das hat nichts mit Zukunft zu verschla­fen zu tun.
    Dass Twit­ter auch ein Marke­ting­in­stru­ment sein kann, spricht übri­gens nicht auto­ma­tisch für diesen Dienst.

  6. “Nur die Deut­schen haben mal wieder Beden­ken, über­le­gen erst lange, disku­tie­ren kommen dann doch zu keiner Entschei­dung und handeln einfach nicht.”

    @DocGoy:
    Nun, das soll auch öfters Vorteile haben. Und nur weil uns “die Amis” was vorma­chen, müssen wir nicht Alles nach­ma­chen, bzw. muss es auch gut sein.

    Amerika, das Land des gläser­nen Bürgers!?

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