Ausgewiesen! Die “Polenaktion”

„Es gab ein Klop­fen an der Tür. Keine Vorwar­nung. Die ganze Sache sollte eine Über­ra­schung sein – und es war wirk­lich eine Über­ra­schung: Sie holten uns aus dem Bett. […] Uns wurden unge­fähr 20 Minu­ten zuge­stan­den, um einen klei­nen Koffer zu packen.“ So erin­nerte sich der in Berlin gebo­rene Max Engel­hard 1996 im Inter­view mit der USC Shoah Foun­da­tion an den Morgen des 28. Okto­ber 1938 – der Tag, an dem er und sein Vater Leib Engel­hard verhaf­tet und des Landes verwie­sen werden soll­ten.

Rund 17.000 jüdi­sche Menschen wurden am 28. und 29. Okto­ber 1938 im Deut­schen Reich verhaf­tet und in das Nach­bar­land Polen abge­scho­ben, weil sie polni­sche Staats­an­ge­hö­rige waren. In Berlin betraf diese Massen­aus­wei­sung rund 1.500 jüdi­sche Bewoh­ne­rIn­nen, die an diesen beiden Tagen in ihren Wohnun­gen oder auf der Straße verhaf­tet und an die deutsch-polni­sche Grenze trans­por­tiert wurden. Die meis­ten von ihnen muss­ten die Grenze zu Fuß über­que­ren und erreich­ten die polni­sche Klein­stadt Zbąs­zyń (Bent­schen). Insge­samt kamen über 8.000 ausge­wie­sene Jüdin­nen und Juden in diesem Ort an. Rund 10 Monate muss­ten sie hier in impro­vi­sier­ten Notun­ter­künf­ten verhar­ren. Eini­gen weni­gen wurde die Rück­reise ins Reichs­ge­biet gestat­tet, ande­ren gelang die rettende Emigra­tion ins Ausland oder sie durf­ten zu Verwand­ten ins Landes­in­nere Polens weiter­rei­sen. Nach dem Einmarsch der Deut­schen Wehr­macht gerie­ten sie hier in die Fänge der Natio­nal­so­zia­lis­ten. Viele von ihnen wurden in den Ghet­tos und Lagern ermor­det. Auch Max Engel­hards Eltern über­leb­ten die Shoah nicht: Während er selbst auf einem Kinder­trans­port nach Groß­bri­tan­nien entkom­men konnte, wurden Leib und Sofia Engel­hard im KZ ermor­det.

Die Ausstel­lung

In der Ausstel­lung „Ausge­wie­sen! Berlin, 28. Okto­ber 1938“ wurde 2018 die Geschichte von sechs jüdi­schen Berli­ner Fami­lien vor, während und nach dem 28. Okto­ber 1938 erzählt. Für die meis­ten Fami­lien war dies der Tag, an dem sie für immer ausein­an­der­ge­ris­sen wurden. Seit Jahr­zehn­ten hatten sie in Berlin gelebt oder waren hier gebo­ren worden. Berlin war ihr Zuhause, ihre Spuren lassen sich im Stadt­raum veror­ten. Die Geschichte der „Polen­ak­tion“ ist deshalb auch ein Teil der Geschichte der Stadt Berlin.

Gezeigt wurden in der Ausstel­lung neben Doku­men­ten der Verfol­gung und Ermor­dung auch private Fami­li­en­fo­tos, die das Leben vor der Auswei­sung doku­men­tie­ren oder vom Weiter­le­ben nach 1945 erzäh­len. Die Biogra­fien der vorge­stell­ten Fami­lien wurden unter Mitar­beit von Studie­ren­den der Berli­ner Univer­si­tä­ten recher­chiert und aufge­ar­bei­tet.

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Berlin

Dutschke in Kreuzberg

Die Idee ist schon einige Jahre alt, nun wird sie Reali­tät. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Berlin-Bran­den­burg hat den Einspruch gegen die teil­weise Umbe­nen­nung der Koch­straße in Kreuz­berg verwor­fen, damit erhält sie zwischen Linden- und Fried­rich­straße demnächst den Namen Rudi-Dutschke-Straße. […]

4 Kommentare

  1. Endlich wieder Gele­gen­heit, gegen Muslime zu argu­men­tie­rern, nicht wahr?
    Aber es ist Quatsch, denn viele anti­se­mi­ti­schen Angriffe gehen von nicht­mus­li­scher, deut­scher Seite aus. Oder sind in der AfD oder bei den Neona­zis, die die Stol­per­steine beschmie­ren, neuer­dings auch Moslems?

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