Man kennt ihn vom Namen der U‑Bahn, kurz sieht man ihn aus der S‑Bahn, mit dem Auto fährt man an seinen beiden Einfahrten neben der Putlitzbrücke oder der Beusselstraße vorbei. Und doch ist der Westhafen gefühlt für viele kein Teil Moabits. Vielleicht auch, weil er durch die Gleisanlagen des Güterbahnhofs von den Wohnvierteln getrennt ist.
Dabei hat er seit über 100 Jahren eine wichtige Bedeutung für den Stadtteil. Schon allein, weil anfangs viele der dort beschäftigten Arbeiter in Moabit lebten.
Mit einer Fläche von 410.000 Quadratmetern ist er der größte Hafen der Stadt. Der Westhafen umfasst zwei, ursprünglich drei Hafenbecken, verfügt über einen Containerterminal, Kran- und Gleisanlagen, eine RoRo-Rampe sowie Freilager, Silos und Hallen mit Logistikdienstleistungen. Verkehrstechnisch ist er bestens angeschlossen: Autobahn, Güterbahnhof und zwei Kanäle bieten alle Möglichkeit zum An- und Abtransport von Waren.
Dabei hat er nicht ausschließlich die typische Hafennutzung. Veranstaltungen, Archive, Lager nutzen das Gelände, einst schraubte Ford hier sogar Autos zusammen. Heute ist das Becken 2 auch Nachtlager für Fahrgastschiffe von Binnenreedereien.
Es ist rund 100 Jahre her, dass auf diesem Gelände ein Dorf stand: Das evangelische Johannesstift hatte direkt am Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal seine Einrichtung, mit Kirche, Heimen und Verwaltungsgebäuden etwa 30 Häuser. Die Stadt kaufte dem Stift das Gelände ab und 1914 begannen nach über zehn Jahren Planungen die Arbeiten für den Westhafen. Doch mit dem im August 1914 beginnenden Weltkrieg endeten sie auch gleich wieder. Es sollte neun Jahre dauern, bis der erste Teil des Hafens am 3. September 1923 eingeweiht werden konnte. Bis 1927 wurde der Westhafen zeitweilig zum zweitgrößten Binnenhafen Deutschlands ausgebaut. Immer wieder ist er mit Neubauten erweitert worden, bis 1943 kamen zum Beispiel der Zollspeicher und das große Getreidesilo dazu.
Allerdings hinterließ der Zweite Weltkriegs auch Spuren. 60 Prozent der Anlagen wurden durch Bomben zerstört, von 35 Kränen waren nur noch sechs intakt. Erst 1950 war der Betrieb wieder vollständig möglich.
Die Schifferkirche
Eine Besonderheit war viele Jahrzehnte die evangelische Schiffer- und Hafenkirche. Sie betreute schon seit 1900 die über 1.000 Schifferfamilien, die es auf die Berliner Flüsse und Kanäle verschlug. Ab 1929 lag es im Westhafen vor Anker. Während der NS-Zeit trafen sich Mitglieder der antifaschistischen Bekennenden Kirche auf dem Schiff, das jedoch 1943 durch einen Bombentreffer zerstört wurde.
Danach wurde provisorisch das Casino der BEHALA genutzt, bis der Schifferkirche 1968 ein kleines Lagerhaus im Eingangsbereich des Westhafens zur Verfügung gestellt wurde. 2009 zog sie innerhalb des Westhafens um, doch im Jahr 2017 war Schluss. Nach 117 Jahren gab es so wenig Nachfrage, dass sich der „Verein zur kirchlichen Fürsorge für die Fluss- und Kanalschiffer“ auflöste.
Der Nordhafen
Nicht weit entfernt liegt auch der Nordhafen, der an die nördliche Heidestraße grenzt. Heute dient er als Park und manchmal macht auch eine Schute oder ein Ausflugsdampfer fest. Kaum vorstellbar, dass er mal eine wichtige Funktion hatte.
1858 fertiggestellt diente der Hafen vor allem der Versorgung des städtischen Gaswerks in Wedding und des Industriegeländes um den Hamburger und Lehrter Bahnhof. In den Nordhafen mündet auch der Hauptarm der Panke. Bis zu 38 Schiffe konnten gleichzeitig be- und entladen werden. Da die Uferbefestigung sehr hoch war, gab es jedoch immer wieder Probleme. Im Krieg wurden Teile der Hafenanlagen zerstört. In der Nachkriegszeit lag er zudem direkt an der Grenze, die Wasserfläche gehörte allerdings komplett zu West-Berlin. Nach dem Mauerbau wurde der Nordhafen stillgelegt.
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