“Stolpersteine entsorgen”

Ein Haus­ei­gen­tü­mer in Char­lot­ten­burg droht damit, die vor seinem Wohn­haus verleg­ten “Stol­per­steine” zu entfer­nen und “entsor­gen”. Die Stol­per­steine sind 10 mal 10 Zenti­me­ter kleine, in den Boden einge­las­sene Metall­plat­ten, die an depor­tierte Juden erin­nern, die einst an diesem Ort gelebt haben. Tatsäch­lich stol­pern kann man darüber nicht und bei Zehn­tau­sen­den von verleg­ten Stol­per­stei­nen ist bisher noch kein einzi­ger Fall bekannt gewor­den, dass dort jemand drauf ausge­rutscht wäre.
Genau diese Gefahr behaup­tet aber der Haus­be­sit­zer. Außer­dem pocht er darauf, dass die Steine auf seinem Grund liegen würden, nicht auf öffent­li­chem Stra­ßen­land. Tatsäch­lich ist die Dahl­mann­str. 1 ein Neubau, der einige Meter hinter der eigent­li­chen Bauflucht steht und der Gehweg gehört dort teil­weise zum Grund­stück. So etwas ist nicht unge­wöhn­lich und nur selten gab es deswe­gen Ärger mit den Haus­be­sit­zern. Und das waren meist Fälle, wo es tatsäch­lich um etwas anders ging. Entwe­der befürch­te­ten die Eigen­tü­mer einen Wert­ver­lust ihres Hauses, als wenn die Geschichte auf so etwas Einfluss hätte. Oder es waren poli­ti­sche Gründe.

Selten aller­dings haben Eigen­tü­mer so reagiert wie dies­mal: Er stellte der Stol­per­stein-Initia­tive ein Ulti­ma­tum bis zu diesem Wochen­ende, um die Erin­ne­rungs­steine zu entfer­nen. Ansons­ten wolle er auf Kosten der Initia­tive die Steine raus­neh­men lassen. Und wenn sie das nicht zahlen und die Steine abho­len würden, würde er sie nach einem halben Jahr “entsor­gen”.

Mitt­ler­weile haben sich mehrere Nach­kom­men derje­ni­gen gemel­det, an die mit diesen Stol­per­stei­nen gedacht wird. Sie spre­chen von einer Schän­dung des Andenkens. Gleich­zei­tig teilte der Bezirks­bau­stadt­rat Marc Schulte mit, dass die Argu­men­ta­tion des Eigen­tü­mers nicht den Tatsa­chen entsprä­che, die Steine sind versi­che­rungs­recht­lich gar nicht rele­vant.
Wie es weiter­geht, werden die nächs­ten Tage zeigen. Gestern jeden­falls haben Mieter des Hauses die betref­fen­den Stol­per­steine erst­mal geputzt und Blumen auf ihnen nieder­ge­legt.

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Vor dem Orani­en­bur­ger Tor stan­den einst die Stahl- und Loko­mo­tiv­werke von Borsig, Wöhlert, Schwartz­kopff. An sie erin­nern heute dort nur noch einige Stra­ßen­na­men. Die Gegend wurde wegen dem Feuer­schein aus den Hoch­öfen und dem Krach […]

4 Kommentare

  1. Ich war gestern an dem Haus, um zu schauen, ob die Steine bereits entfernt wurden. Aber sie liegen noch dort, frisch geschmückt mit Blumen und Kerzen. Dass sie nicht auf öffent­li­chem Stra­ßen­land liegen, ist nicht ersicht­lich, wenn man es nicht weiß.

  2. So eine Reak­tion kann ich nur auf das fort­ge­schrit­tene Alter des Herrn zurück­füh­ren. Es soll ja so etwas wie ALTERS­STARR­SINN geben. Na, jeden­falls hat er seiner Umwelt nun eindeu­tig klar gemacht, welche poli­ti­sche Gesin­nung er hat!

    Immer­hin. Das ist auch was wert.

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