Einstürzende Autobahnbrücken

Schon wieder ein Wochen­rück­blick. Wenn sich das mal nicht zur Gewohn­heit auswächst, heut­zu­tage muss man ja aufpas­sen, das geht schnell. Anders übri­gens als der Verkehr auf der Stadt­au­to­bahn in den letz­ten Tagen. Zwischen Jakob-Kaiser-Platz und dem Kreuz Funk­turm war tote Hose, denn lang­sam beginnt sich der 50er-Jahre-Beton aufzu­lö­sen und bevor die Brücken von allein zusam­men­stür­zen, lässt der Senat sie lieber kontrol­liert abrei­ßen. Die Auto­bahn am Span­dauer Damm sah heute aus wie Dres­den 1945, aber zum Welt­kul­tur­erbe wird es der Neubau bestimmt nicht brin­gen.

Das inter­es­siert den Fahrer des “Riesen­last­wa­gens” sicher nicht mehr, der vergan­gene Woche dort noch unter­wegs war. Statt einem hatte er kurzer­hand einen zwei­ten Anhän­ger befes­tigt und fuhr dazu noch 30 km/h zu schnell. Was soll’s, hatte er sich sicher gedacht, Papiere hatte er nämlich auch nicht und da er bereits seit 19 Stun­den unter­wegs war, war ihm wahr­schein­lich eh schon alles egal. Der Poli­zei weni­ger, sie ließ ihn auf der Wache erst­mal rich­tig schön ausschla­fen.

Nicht aus‑, sondern einschla­fen tut so lang­sam der Flug­ha­fen Tempel­hof, deshalb gab’s auch keine neuen Nach­rich­ten. Anders als von den beiden ande­ren. Pein­lich, pein­lich, der Senat hatte noch vor der Volks­ab­stim­mung im Früh­jahr behaup­tet, dass Tempel­hof eh nicht mehr gebraucht wird, weil Tegel und Schö­ne­feld das locker auffan­gen können. Dabei lagen die Erwei­te­rungs­pläne für den Flug­ha­fen Tegel schon in der Schub­lade, jetzt wurden sie heraus­ge­holt: Bis 2009 werden am Termi­nal C, der neu gebau­ten Blech­büchse von der nur Air Berlin fliegt, vier neue Gates gebaut. Das entspricht natür­lich nicht der Kapa­zi­tät von Tempel­hof, da hätte auch die Anschaf­fung eines einzel­nen Busses gereicht. Die neuen Gates werden wohl nicht viel länger als zwei Jahre in Betrieb sein, weil Tegel Ende 2011 ja geschlos­sen werden soll, aber welchen Aussa­gen des Senats kann man jetzt noch glau­ben? Die Oppo­si­tion schäumt natür­lich ob der rot-roten Lügen, verhin­dern kann und will sie den Ausbau aber auch nicht, denn TXL steht schon jetzt unmit­tel­bar vor dem Kollaps, Staus gibt es täglich, vor den Schal­tern, in der Luft, auf dem Roll­feld und auf allen Zufahrts­we­gen, oft bis zurück auf die Auto­bahn.
Im Südos­ten, da wo Berlin-Bran­den­burg Inter­na­tio­nal entsteht, werden sich die Verkehrs­pro­bleme nach der Eröff­nung fort­set­zen. Der geplante “Airport-Express” der Bahn fährt nur zwei­mal stünd­lich, eine S‑Bahn gibt es dann noch nicht. Dies wird die Taxi­fah­rer freuen, die ihre Passa­giere dann einmal um den ganzen Flug­ha­fen herum zur S‑Bahn-Station Schö­ne­feld brin­gen dürfen, denn bis der Airport-Express in voller Auslas­tung fährt, dauert es etwa bis ins Jahr 2015. Sozia­lis­ti­sche Miss­wirt­schaft nannte man sowas früher.

Als solche könnte man auch die Senats­ent­schei­dung bezeich­nen, dass in der Nacht keine weite­ren Ampel­an­la­gen ausge­schal­tet werden. Unab­hän­gig davon, dass es Kreu­zun­gen gibt, an denen nachts nur alle 5 Minu­ten mal ein Auto kommt, die Ampeln blei­ben an — aus “Sicher­heits­grün­den”. Das ist völlig unver­ständ­lich, weil teil­weise an Haupt­ver­kehrs­stra­ßen welche abge­schal­tet werden, während sie in abge­le­ge­nen Wohn­vier­teln munter vor sich hin leuch­ten und Strom verbrau­chen. Weil es einer Unter­su­chung zufolge bei nächt­li­chen Ampel­ab­schal­tun­gen in ande­ren Städ­ten erhöhte Unfall­zah­len gab, will man das in Berlin nicht. In ande­ren Städ­ten — ah ja. Außer­dem sei die Einspa­rung pro Ampel­an­lage zu gering, nur 500 Euro, das würde sich nicht lohnen. Bei der Einspa­rung von eini­gen tausend Euro pro Jugend­club dachte der Senat noch anders, da ging man nach der Devise vor “Klein­vieh macht auch Mist” und schloss eini­gen tausend Jugend­li­chen die Tür vor der Nase zu.

Auch die Charité hat Sorgen. Wurden doch ihre Pati­en­ten in den letz­ten Mona­ten von den Riesen-Werbe­pla­ka­ten schön von der Sonnen­ein­strah­lung und ange­neh­mer Aussicht geschützt, müssen sie nun darauf verzich­ten. Da hinter der Reklame nicht gebaut wurde, darf sie auch nicht hängen blei­ben.
Hängen­ge­las­sen wurden dage­gen Mitar­bei­ter der Charité-Putz­ko­lon­nen. Nach Aussa­gen ihrer Gewerk­schaft hat ein Groß­teil von ihnen keine Schutz­imp­fung erhal­ten, selbst wenn sie in Opera­ti­ons­sä­len und ande­ren sensi­blen Räumen sauber mach­ten. Die Klinik­lei­tung strei­tet das halb­her­zig und halb­glaub­haft ab, aber eigent­lich ist es auch egal. Wenn dem Perso­nal wirk­lich was passiert, sind sie ja bereits im Kran­ken­haus, wie prak­tisch.

Eher in der Kari­bik sind dage­gen wohl die 3–4 Panzer­kna­cker, die sich am vergan­ge­nen Wochen­ende ihren Weg in der Tresor­raum der Commerz­bank am Kudamm gebahnt haben. In aller Ruhe konn­ten sie ca. 50 Schließ­fä­cher aufbre­chen, unbe­merkt auch von den Haus­be­woh­nern und Passan­ten. Die konn­ten eh nichts sehen, weil auch hier ein Riesen­pos­ter vor der Fassade hängt. Da sieht man’s, die Teile brin­gen nichts Gutes.

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