Lebens­da­ten: * 26.4.1941 (Berlin) + 26.11.2001 (Wolters­dorf bei Berlin)

Infor­ma­tio­nen zur Person:
Sozi­al­mi­nis­te­rin in Bran­den­burg
“Mutter Courage des Ostens”

Eigent­lich war Regine Hilde­brandt nur einige Jahre eine einfa­che Minis­te­rin eines länd­li­chen Bundes­lands — Bran­den­burg. Dass sie trotz­dem nicht nur zu bundes­wei­ter Berühmt­heit gelangte, sondern vor allem den Respekt von Hundert­tau­sen­den bekam, lag an ihrer tiefen mora­li­schen Einstel­lung und ihrer persön­li­chen Konse­quenz.

1941 gebo­ren , direkt an der späte­ren Grenze zweier Gesell­schafts­sys­teme in der Bernauer Straße aufge­wach­sen, war sie das, was man eine “Berli­ner Göre” nannte. Ihr lautes und direk­tes Mund­werk beglei­tete sie dann auch bis zum Schluss, brachte ihr viele Sympa­thien, aber auch viel Ableh­nung ein.
Schon als Kind lernte sie ihren späte­ren Ehemann kennen, 1959 bis 1964 studierte sie in Berlin, promo­vierte hier 1968. 1964 bis 1990 war Frau Hilde­brandt in leiten­den Posi­tio­nen in der Arznei­mit­tel­for­schung bei Berlin-Chemie tätig. Ab 1961 sang sie als Chor­sän­ge­rin in der der Berli­ner Domkan­to­rei.

Poli­ti­sche Akti­vi­tä­ten entwi­ckelte sie erst mit der Wende und dem Ende der DDR. Sie enga­gierte sich in der Bürger­be­we­gung “Demo­kra­tie Jetzt”, trat dann der neu gegrün­de­ten Sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Partei der DDR bei. Im April 1990 wurde sie für fünf Monate Minis­te­rin für Arbeit und Sozia­les, danach bis 1999 Minis­te­rin für Arbeit, Sozia­les, Gesund­heit und Frauen des Landes Bran­den­burg. Während der gesam­ten Zeit war sie zudem Mitglied des SPD-Bundes­vor­stands.

Regine Hilde­brandt setzte sich mehr als alle ande­ren Poli­ti­ker glaub­wür­dig für die Bürger in Ostdeutsch­land ein, sie schaffte es gleich­zei­tig — viel­leicht sogar als Einzige — die Menschen aus Ost und West zusam­men zu brin­gen, Verständ­nis für die Gefühle der jeweils Ande­ren zu wecken, und damit die längst offe­nen Gren­zen auch in den Köpfen der Bevöl­ke­rung abzu­bauen. Sie wurde oft als “Mutter Courage des Ostens” bezeich­net, weil man bei ihren vielen öffent­li­chen und oft auch klei­nen Auftrit­ten merkte, dass sich hier jemand wirk­lich von einem mora­li­schen Stand­punkt aus um die Probleme der Menschen kümmert, und nicht weil es nur der Job ist. Ihr wurde selbst von poli­ti­schen Gegnern Glaub­wür­dig­keit beschei­nigt.
Bei der Land­tags­wahl 1999 in Bran­den­burg, als die SPD die abso­lute Mehr­heit verlor und sich Minis­ter­prä­si­dent Manfred Stolpe für eine Koali­tion mit der CDU entschied, statt mit der von Hilde­brandt favo­ri­sier­ten PDS, da zog sie die Konse­quenz und stand nicht mehr als Minis­te­rin zur Verfü­gung.

Ein Einschnitt in Regine Hilde­brandts Leben kam 1996, als sie erfuhr, dass sie Brust­krebs hat. Ampu­ta­tion und Chemo­the­ra­pie dräng­ten die Krank­heit vorläu­fig zurück, doch im Früh­jahr 2001 brach sie erneut aus. Regine Hilde­brandt aber kämpfte weiter: Auf der poli­ti­schen Bühne, wo sie unpo­pu­läre Themen wie Ster­be­hilfe ansprach, und auch in der Bundes­po­li­tik. Im Dezem­ber 1999 und sogar noch im Novem­ber 2001, wenige Tage vor ihrem Tod, ließ sie sich noch­mal in den Partei­vor­stand der SPD wählen. Im März 2001 wurde Regine Hilde­brandt das Große Verdienst­kreuz des Verdienst­or­dens der Bundes­re­pu­blik Deutsch­land verlie­hen.

In der Nacht zum 27. Novem­ber 2001 starb Regine Hilde­brandt in ihrem Haus in Wolters­dorf an Krebs.
Hier einige Auszüge aus dem Kondo­lenz­buch.

  • “Es tut furcht­bar weh, eine so aufrich­tige Frau für unsere Welt und Poli­tik im Sinne der Deut­schen Wieder­ver­ei­ni­gung für immer verlo­ren zu wissen.
    Ich bin unend­lich trau­rig. Der Gedanke, daß Regine Hilde­brand gelit­ten haben könnte schmerzt mich sehr.”
  • “Eine groß­ar­tige Frau — poli­tisch und mensch­lich… Mein tief empfun­de­nes Mitleid der Fami­lie”
  • “Frau Hilde­brandt war eine Poli­ti­ke­rin wie man sich nur seinen Wunsch­po­li­ti­ker vorstel­len kann — ohne Frage, mit Abstand die beste Poli­ti­ke­rin die Deutsch­land je hatte. In der Poli­tik wird sie uns allen sehr fehlen.”
  • “Seit 1989 bewun­dere ich Regine Hilde­brandt für ihre Haltung, ihre Ausstrah­lung, ihre Offen­heit und Ehrlich­keit, ihre Glaub­wür­dig­keit, ihre Herz­lich­keit.”
  • “Ihre auser­or­dent­lichle Sprach­ge­wandt­heit, ihr Kampf gegen den Krebs und vor allem ihr Enga­ge­ment für die Bürge­rin­nen und Bürger in Ostdeutsch­land wird mir unver­ges­sen blei­ben.”
  • “Das poli­ti­sche Leben Deutsch­lands hat einen uner­setz­ba­ren Verlust erlit­ten.”
  • “Eine Frau, die wirk­lich noch nach den Belan­gen des Volkes fragte. Eine Frau die mit beiden Beinen realis­tisch im Leben stand. Gerade in der schwe­ren Zeit ihrer Erkran­kung habe ich sie bewun­dert, wie sie dennoch nicht ihre Ziele und Träume aus den Augen verlor. Heute hat sie den Kampf gegen die Krank­heit verlo­ren. Die poli­ti­sche Bühne der SPD ist um eine wert­volle Frau ärmer gewor­den. Mein Anteil­nahme gilt Ihrer Fami­lie. Gott gebe ihnen die Kraft diesen Verlust zu ertra­gen.”
  • “Sie war eine der weni­gen und letz­ten Vertre­ter im Sinne des Volkes. Ein Volks­ver­tre­ter im ursprüng­li­chen Sinne. Nicht dem eige­nen Porte­mon­naie oder eitlem Macht­den­ken, sondern der Mensch­heit verpflich­tet. Nun hat sie es leider doch nicht geschafft, ihre Krank­heit zu besie­gen. Eine unfaß­bare Tatsa­che und ein ewig uner­setz­li­cher Verlust.”
  • “In ihrer Ausstrah­lung unge­mein liebens­wert, ohne Wort­schnör­kel, schlag­fer­tig, humor­voll, klug, unsen­ti­men­tal, ein Schatz­käst­chen in Bezug auf Lebens­er­fah­rung — der Bild­schirm wackelte vor Vergnü­gen, wenn sie sprach. Ich verehrte sie, seit sie bekannt wurde und bin sehr trau­rig. Ihrer Fami­lie, die ihr das Wich­tigste war, spre­che ich mein Beileid aus.”
  • “Unser aufrich­ti­ges Beileid für den viel zu frühen Tod unse­rer gelieb­ten Quas­sel­strippe! Sie hätte eine höhere Einschät­zung zu ihren Lebzei­ten von Seiten der SPD verdient! Für faule Kompro­misse war sie nicht zu haben, sie war offen, ehrlich und konse­quent. Die SPD ist ärmer gewor­den, Menschen wie Regine Hilde­brandt gibt es äußerst selten.”
  • “Sie war eine klasse Frau und sollte mit ihrem Einsatz ALLEN ein Vorbild sein. Mal den Arsch hoch­zu­krie­gen und etwas für andere tun.”
  • “Um wieviel stil­ler wird es ohne Regine Hilde­brandt werden?”
  • “Mit Regine Hilde­brandt ist wohl die letzte Poli­ti­ke­rin gestor­ben, zu der man sagen konnte:“Eine von uns”. Sie war sich für nichts zu schade, und für nieman­den uner­reich­bar. Wir soll­ten über die Toten­klage aber nicht die Dank­bar­keit verges­sen, dass wir sie unter uns hatten, mit ihren viel­fäl­ti­gen Bega­bun­gen.”

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