Konsum und Konsum in der Brunnenstraße

Im feinen Westen, in Schö­ne­berg, Char­lot­ten­burg und Wilmers­dorf, da lebten schon Anfang des vori­gen Jahr­hun­derts die besser verdie­nen­den Menschen. Mit dem schmud­de­li­gen, armen Norden wollte man nicht so viel zu tun haben. Und auch die Leute, die hier in der Gegend um die Brun­nen­straße lebten, hatten nicht viele Verbin­dun­gen dort­hin, obwohl es eigent­lich nur wenige Kilo­me­ter sind, die zwischen Kudamm und Brun­nen­straße liegen.

Doch “der Norden”, und das war damals noch alles nörd­lich des ehema­li­gen Verlaufs der Stadt­mauer, das war eben ein eige­ner Stadt­teil, eine eigene, getrennte Welt. Hier gab es die Indus­trie, Miets­ka­ser­nen, Massen­men­schen­hal­tung. Doch auch hier hatte man seinen Stolz und auch hier gab es, natür­lich im Verhält­nis zur Gegend gese­hen, “bessere” Geschäfte. Quer durch das alte Prole­ta­rier­vier­tel verlief die Brun­nen­straße; hier konzen­trierte sich neben den verschie­de­nen Vergnü­gungs­stät­ten wie Kinos, Varie­tés und Thea­ter auch der Handel. Vor allem im unte­ren Teil der Straße, vor dem Rosen­tha­ler Platz, entstan­den viele Geschäfte, Kauf­häu­ser und auch bessere Restau­rants. Diese Entwick­lung trug der Brun­nen­straße Anfang des 20. Jahr­hun­derts den Titel “Kudamm des Nordens” ein. Natür­lich war er ange­mes­se­ner, also beschei­de­ner, als das Origi­nal im feinen Westen, aber für die hier leben­den Menschen war ein Spazier­gang durch die Brun­nen­straße durch­aus ein Erleb­nis.
Hier konzen­trier­ten sich vor allem Fach­ge­schäfte für Beklei­dung sowie für Wohnungs­ein­rich­tung. Mehrere feine Restau­rants luden die Menschen ein.

An der Ecke zur Inva­li­den­straße bzw. Vete­ra­nen­straße befan­den sich gleich drei Kauf­häu­ser. Dort, wo heute die Poli­zei­wa­che steht, war das Kauf­haus “Held” ansäs­sig, und an der Ecke des heuti­gen Wein­berg­parks stand das Schuh­haus Leiser. Nur ein Haus hat den Krieg über­lebt und ist noch heute gut als ehema­li­ges Waren­haus zu erken­nen. Hier an der Ecke Vete­ra­nen­straße wurde von Adolf Jandorf kurz nach der Jahr­hun­dert­wende eines von sechs Häusern erbaut. Jandorf gehörte neben Oscar und Hermann Tietz sowie Georg Wert­heim zu den ersten, die die Zeichen der Zeit erkannt hatten und nicht mehr nur Spezi­al­häu­ser errich­te­ten, sondern wahre Handels­pa­läste, die sich teil­weise über sechs Stock­werke erstreck­ten und in denen es “Alles” zu kaufen gab. Damals waren es wirk­lich noch Paläste. Die größ­ten von ihnen, am Leip­zi­ger Platz oder am Dönhoff­platz, hatten riesige Verkaufs­säle, große Eingangs­hal­len, Balkone, Erker, Brücken inner­halb des Gebäu­des, die Innen­höfe über­spann­ten, in denen Brun­nen spru­del­ten. Das Haus in der Brun­nen­straße gehörte jedoch zur mitt­le­ren Kate­go­rie, reprä­sen­ta­tiv, aber nicht prot­zig.

Während Jandorf seine Kauf­haus­kette aufbaute, war auch der Konzern der Fami­lie Tietz im Entste­hen. Nach dem Tod seines Onkels Hermann wurde Oscar Tietz 1923 der allei­nige Eigen­tü­mer und begann zu expan­die­ren. Unter ande­rem kaufte er 1926 auch Jandorfs Haus in der Brun­nen­straße 19–21. Doch durch die Massen­ar­beits­lo­sig­keit und die Rezes­sion fielen die Umsätze des Konzerns seit 1930 um fast 50 Prozent. Dazu kamen zusätz­li­che Repres­sio­nen ab 1933, da Oscar Tietz Jude war. Beispiels­weise orga­ni­sier­ten die Nazis einen Waren­haus-Boykott mit gleich­zei­ti­gem Schlie­ßungs- und Entlas­sungs­ver­bot, womit sie die in jüdi­schem Fami­li­en­be­sitz befind­li­chen Waren­häu­ser in den Ruin trei­ben woll­ten. Tietz wurde abhän­gig vom Wohl­wol­len der Banken, die der Firma jedoch bereits im Juni 1933 die Pistole auf die Brust setz­ten: Sanie­rung des Konzerns oder Liqui­die­rung. Oder anders ausge­drückt: Verkauf an die Banken oder Auflö­sung der Firma. Was später ganz offen prak­ti­ziert wurde, war zu dieser Zeit sozu­sa­gen noch eine “kalte Arisie­rung” jüdi­schen Eigen­tums. Aus dem Haus von Hermann Tietz wurde “Hertie” (HERmann TIEtz), die Fami­lie verließ Deutsch­land und kehrte nie wieder zurück. Nach dem Krieg war von dem Konzern nicht mehr viel übrig. Nur drei von zehn Berli­ner Hertie-Häusern waren 1945 noch zu gebrau­chen, teil­weise lagen diese in der sowje­ti­schen Besat­zungs­zone, wie das in der Brun­nen­straße, und waren damit für die Firma eben­falls verlo­ren.
Hertie zog statt dessen in ein neues Waren­haus ein, das zuvor von der Firma HELD gebaut und genutzt wurde, im Weddin­ger Teil der Brun­nen­straße, direkt an der Ecke Stral­sun­der Straße. Aufgrund seiner konkur­renz­lo­sen Lage war dieses Haus eine Gold­grube, bis 1961 die Mauer gebaut wurde. Man versuchte noch weiter­zu­ma­chen, doch von drei Seiten durch die Mauer einge­schlos­sen, waren keine Gewinne mehr zu erwar­ten. Als dann auch noch das benach­barte AEG-Werk geschlos­sen wurde, gab Hertie auf. Am 14. März 1983 wurde das Haus Brun­nen­straße 127–129 geschlos­sen. Jahre­lang diente es als Jugend­zen­trum der Gewerk­schaft, bis es Mitte 2015 abge­ris­sen wurde.

Während­des­sen zog in das Haus an der Ecke Vete­ra­nen­straße neues Leben ein: Es wurde vom Mode-Insti­tut der DDR genutzt, hier gab es neben Produk­tion auch Vorfüh­run­gen und eine Ausstel­lung von DDR-Mode. Aller­dings war der gute Ruf der Brun­nen­straße zu diesem Zeit­punkt längst verblasst. Die großen Häuser waren zerstört, außer dem ehema­li­gen Hertie-Haus gab es nur noch das Eckhaus am Rosen­tha­ler Platz, in dem einst das Möbel- und Beklei­dungs­haus Bert­hold Feder resi­dierte. Hier wurden die oberen Stock­werke abge­tra­gen und das HO-Möbel­haus einquar­tiert.

Aber es gibt ja noch das andere Ende der Brun­nen­straße, oben am Gesund­brun­nen. Anders als am Rosen­tha­ler Platz war dies ja keine feine Gegend, aber trotz­dem gab es auch hier inter­es­sante Geschäfts­nie­der­las­sun­gen. Eine der wich­tigs­ten ist eine Geschichte für sich:
Wenn man heute das Wort Konsum hört, dann liegt die Beto­nung auf der zwei­ten Silbe und man meint damit Verbrauch, auch Luxus; Konsum­rausch, Konsum­tem­pel und ähnli­ches verbin­det man damit. Bis zum Ende der DDR gab es jedoch auch die gleich geschrie­be­nen Läden, deren Beto­nung aber auf der ersten Silbe lag, ausge­spro­chen hörte es sich wie “Konn­sum” an. Diese Konsum-Läden waren meist kleine, schmuck­lose Geschäfte, aber sie waren keine Erfin­dung der DDR. Die Wurzeln lagen mehr als hundert Jahre zurück, also fangen wir auch dort an.

Die Grün­dung der ersten Konsum-Genos­sen­schaf­ten in Berlin geht auf das Jahr 1863 zurück. 1902 schlos­sen sich die Konsum-Vereine Berlin-Nord und Süd, Weißen­see und Schö­ne­berg zur “Konsum­ge­nos­sen­schaft Berlin und Umge­bung” (KGB) zusam­men, weitere kamen in der Folge­zeit dazu. Haupt­auf­gabe war die Versor­gung ihrer Mitglie­der mit billi­gen Nahrungs­mit­teln bester Quali­tät. Die erste Blüte­zeit erlebte die Genos­sen­schaft nach Ende des Ersten Welt­kriegs, doch hielt ihr Wachs­tum auch durch die 20er-Jahre an, Anfang der Drei­ßi­ger hatte sie in Berlin fast 200.000 Mitglie­der!
Die Genos­sen­schaft betrieb eigene land­wirt­schaft­li­che Betriebe, zwei Groß­bä­cke­reien, eine Kaffee­rös­te­rei, eine Wurst- und eine Mine­ral­was­ser­fa­brik sowie zahl­rei­che klei­nere Betriebe. Und sie hatte nicht nur kleine Verkaufs­stel­len: Im nörd­li­chen Teil der Brun­nen­straße stand eines von fünf Waren­häu­sern, die die KGB betrieb. Allein im Wedding exis­tier­ten 22 Konsum-Lebens­mit­tel­ge­schäfte, insge­samt waren es in Berlin mehr als 280.

Doch die Genos­sen­schaf­ten waren nicht entideo­lo­gi­siert, ganz im Gegen­teil. Schon früh galten sie neben den Parteien und Gewerk­schaf­ten als “dritte Säule” der Arbei­ter­be­we­gung. Sie waren der Versuch, ein Stück sozia­lis­ti­scher Zukunft schon in der Gegen­wart zu reali­sie­ren. Und so reichte die Spal­tung der linken Arbei­ter­be­we­gung natür­lich auch weit in die Genos­sen­schafts­be­we­gung und trieb eben­falls zur Spal­tung. Im Streit, wer nun die rotes­ten Toma­ten und Äpfel anbot, spal­tete sich auch die Konsum-Bewe­gung schon Anfang der Zwan­zi­ger in einen kommu­nis­ti­schen und einen sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Teil. Der Laden in der Ramler­straße 11 war beispiels­weise fest in kommu­nis­ti­scher Hand.
Ein sozi­al­de­mo­kra­ti­scher Verkaufs­stel­len­lei­ter erin­nert sich: “Ich habe einen sehr gerin­gen Umsatz gehabt, damals. Der Kampf der KPD und der NSDAP, der Nazis, die waren schön gemein­sam gegen die Konsum­ge­nos­sen­schaft, die haben stark dage­gen gear­bei­tet.”
Während die Kommu­nis­ten der sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Führung “faschis­ti­sier­ten Büro­kra­tis­mus” vorwar­fen, spra­chen diese von “kommu­nis­ti­schen Krebs­zel­len”. Doch ab 1933 hatten beide Seiten dann ganz andere Probleme.
Die Nazis besetz­ten 1933 auch gleich alle Leitungs­gre­mien der Konsum­ge­nos­sen­schaft, sie brauch­ten aber noch gut zwei Jahre, um die Konsum-Produk­ti­ons­be­triebe ihrem “Gemein­schafts­werk der Deut­schen Arbeits­front” anzu­glie­dern und die Läden zu priva­ti­sie­ren.

Gleich nach dem Ende des Faschis­mus wurde am Neuauf­bau der Konsum-Struk­tur gear­bei­tet, nun wieder gemein­sam mit SPD- und KPD-Mitglie­dern. Bereits im Januar 1946 konn­ten die ersten Verkaufs­stel­len der neuen Genos­sen­schaft im sowje­ti­schen Sektor eröff­nen.
Am 27. Mai 1946 fand die erste Versamm­lung zur Grün­dung der “Konsum­ge­nos­sen­schaft Wedding” in der Grün­ta­ler Straße am Gesund­brun­nen statt. Im Grün­dungs­pro­to­koll hieß es unter ande­rem: “Warum muß heute wieder neu aufge­baut werden? Weil durch Unei­nig­keit der Arbei­ter­schaft die alten Genos­sen­schaf­ten zerschla­gen werden konn­ten. Als Genos­sen­schaft­ler sind wir [heute] nicht partei­po­li­tisch und reli­giös gebun­den, aber wir beken­nen uns zu der Poli­tik, die für die Arbei­ter­schaft die einzig rich­tige ist, zum Sozia­lis­mus. Wer mitar­bei­ten will, muß sich zur Poli­tik, die den Sozia­lis­mus errei­chen will, beken­nen.”

Aber nicht einmal ein Jahr später verab­schie­dete sich die Abtei­lung 17 der SPD (Gesund­brun­nen) bereits aus der Genos­sen­schaft, da diese ein Organ der Kommu­nis­ten sei. Trotz­dem arbei­te­ten weiter­hin Sozi­al­de­mo­kra­ten mit. Und es gab auch durch­aus Probleme mit dem sowje­ti­schen Teil der Stadt, aus dem die Waren teil­weise abge­holt werden muss­ten: “Da wir dem VBK ange­schlos­sen waren, krieg­ten wir auch Waren aus dem Zentral­la­ger [in Lich­ten­berg], frei­lich mußten wir sie abho­len. Einmal mußte ich Brot holen; ein entfern­ter Onkel von mir war dort als Back­meis­ter tätig, der sorgte dafür, daß wir was abkrieg­ten. Ich habe so 100 bis 120 Brote abge­holt und zur Bernauer Straße gebracht, da läßt mich der Vopo nicht raus. Da bin ich zum Prenz­lauer Berg zum russi­schen Komman­dan­ten. Wir haben uns gut verstan­den, aber eine Beschei­ni­gung, sagte er mir, kann ich dir nicht geben. Sag dem Posten, du hast mit mir gespro­chen, ich bin einver­stan­den. Ich sage: Wenn der mir mal glaubt. Dann hat er mir noch seine Nummer gege­ben, ich soll anru­fen, wenn es abso­lut schief­geht. Der Vopo hat noch ein bißchen Schwie­rig­kei­ten gemacht und dann gesagt: Fahr bloß weiter…”
Die Spal­tung ging weiter, im Osten wurde der “Verband Berli­ner Konsum­ge­nos­sen­schaf­ten” (VBK) der Zusam­men­schluss aller Genos­sen­schaf­ten, in West­ber­lin wurde 1950 der rein sozi­al­de­mo­kra­ti­sche “Berli­ner Genos­sen­schafts­ver­band” gegrün­det. Neben diesen beiden gab es dann die Weddin­ger Genos­sen­schaft; zwar kommu­nis­tisch, aber dummer­weise im Westen, war sie in beide Rich­tun­gen isoliert. Da er sich weigerte, dem West­ber­li­ner Verband beizu­tre­ten, wurde der Weddin­ger Konsum im August 1952 zwangs­weise liqui­diert.

Eben­falls eine Genos­sen­schaft, aber ganz ande­rer Art, entstand bereits 1860 am Gesund­brun­nen: Der “Bank­ver­ein Gesund­brun­nen” war die erste Bank­grün­dung Weddin­ger Bürger, eine Einrich­tung zur Hilfe durch Selbst­hilfe zur Versor­gung der mittel­stän­di­schen Wirt­schaft mit Kredi­ten. Bis dahin gab es vor allem so genannte Darle­hens­kas­sen, die man im Nach­hin­ein betrach­tet eher als Sozi­al­amt für Klein­un­ter­neh­mer bezeich­nen könnte: Der Staat und wohl­ha­bende Bürger zahl­ten dort – ohne Gegen­leis­tung – Geld ein, und Kauf­leute oder Hand­wer­ker, die Geld brauch­ten, beka­men es dort. Und zwar nicht nur als zins­lo­ses Darle­hen, sondern in der Regel auch ohne die Pflicht, es zurück­zu­zah­len. Wen wundert’s, dass dieser Art von Kassen keine Zukunft beschie­den war. Im Jahre 1847 kam nun ein Herr Schulze aus dem säch­si­schen Delitzsch (daher wurde er später auch Schulze-Delitzsch genannt). In seiner Heimat­stadt hatte er bereits ein Hilfs­ko­mi­tee gegrün­det, das als Vorläu­fer der späte­ren genos­sen­schaft­li­chen Selbst­hilfe zu sehen ist. Er brachte diesen Gedan­ken der gegen­sei­ti­gen Unter­stüt­zung nach Berlin und setzte ihn durch, vor allem im hand­werk­li­chen Bereich. An Schulze-Delitzschs Ideen orien­tierte sich auch der neu gegrün­dete Bank­ver­ein Gesund­brun­nen.
Die Rechts­form der Genos­sen­schaft exis­tierte damals jedoch noch gar nicht, sie wurde erst 1895 einge­führt, deshalb wurde die Bank nach dem Vereins­recht gebil­det. Wegen der gerin­gen finan­zi­el­len Kraft der Bevöl­ke­rung waren die Vereins­vor­stände zunächst daran inter­es­siert, möglichst vielen Menschen den Beitritt zu erleich­tern. Daher setzte man die zu entrich­tende “Beisteuer” auf 15 Silber­gro­schen fest, die in sechs Monats­ra­ten zu zwei Silber­gro­schen und fünf Pfen­ni­gen einge­zahlt werden konnte. Alle darüber hinaus gezahl­ten Beträge blie­ben Eigen­tum des Mitglieds und wurden mit vier Prozent verzinst, sobald sie die Höhe von zehn Talern erreicht hatten. Die Beiträge wurden über­wie­gend von Vertrau­ens­leu­ten kassiert. Diese wurden aus den einzel­nen Bezir­ken gewählt und hatten die Aufgabe, das Geld aus der Wohnung der Mitglie­der abzu­ho­len. Noch heute exis­tiert diese Funk­tion in der Berli­ner Volks­bank, die sich aus dem Bank­ver­ein entwi­ckelt hat. Nur werden diese Beiträge heute aus prak­ti­schen Grün­den nicht mehr bar vom Mitglied abge­holt…

Schon damals wurden die poten­ti­el­len Mitglie­der genau unter die Lupe genom­men, ihre Kredit­wür­dig­keit und ‑fähig­keit wurde genau geprüft. Sie durf­ten noch nie “einen Bürger zu Scha­den gebracht” haben, noch nie einen Kredit irgendwo unpünkt­lich zurück­ge­zahlt haben und musste mindes­tens drei Monate Mitglied im Bank­ver­ein sein.
Der Bank­ver­ein Gesund­brun­nen kaufte bald ein Grund­stück nahe dem Bahn­hof an der Badstraße und baute dort ein eige­nes Gebäude mit einer Stahl­kam­mer. Ansons­ten hatte der Verein wenig laufende Kosten: Löhne und Gehäl­ter wurden nicht gezahlt, da der Vorstand ehren­amt­lich tätig war und keine Hilfs­kräfte einstellte. Den Rest erle­dig­ten die Mitglie­der. Aller­dings gab es einen promi­nen­ten Feind, und der saß ziem­lich weit oben: Reichs­kanz­ler Otto von Bismarck war den neuen Asso­cia­tio­nen gegen­über feind­lich einge­stellt: “Die Kredit­ge­nos­sen­schaf­ten sind die Kriegs­kas­sen der Demo­kra­tie, die unter Regie­rungs­kon­trolle gestellt werden müssen!”

1890 hatten die Geschäfte einen Rahmen erreicht, dass man sich Gedan­ken machte, einige Ände­run­gen einzu­füh­ren. Erst­mals wurde ein eige­ner Raum einge­rich­tet, in dem eine offene Geschäfts­stunde, täglich von 18 bis 19 Uhr, abge­hal­ten wurde. Bald musste eine zweite Öffnungs­zeit, vormit­tags von 8 bis 10 Uhr, ange­bo­ten werden. 1893 wurde der Scheck­ver­kehr einge­führt, vorerst aller­dings nur inner­halb der Mitglie­der­schaft.
Bis zum Jahre 1905 war der Bank­ver­ein Gesund­brun­nen das einzige Kredit­in­sti­tut im Stadt­teil. Doch mit der Ansied­lung von Indus­trie und Handel began­nen auch andere Banken, sich am Gesund­brun­nen nieder­zu­las­sen. Die Dresd­ner und die Commerz­bank eröff­ne­ten 1905 ihre ersten Filia­len, die Deut­sche Bank folgte bald darauf. Aller­dings erreichte keines dieser Insti­tute eine solch enge Bindung an den Stadt­teil wie der Bank­ver­ein. 1938 wurde der Bank­ver­ein in “Volks­bank Gesund­brun­nen” umbe­nannt. Nach dem Krieg war dann erst­mal Schluss. Nur die Spar­kas­sen durf­ten Ende 1945 wieder öffnen. Nach langen Verhand­lun­gen gelang es aber der Volks­bank dann doch, im Januar 1946 als einzige private Bank­ge­sell­schaft sechs Filia­len geneh­migt zu bekom­men. Da diese Geneh­mi­gung aber nicht nur für den Gesund­brun­nen galt, schloss man sich mit ande­ren Genos­sen­schaf­ten zusam­men, woraus dann die Volks­bank Berlin entstand, die es auch heute noch gibt.

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2 Kommentare

  1. Klei­ner Tip: Solche langen Texte besser in zwei oder drei Teilen veröf­fent­li­chen. Mich schreckt es immer etwas ab, so viel Text auf einmal in einem Blog zu lesen (auch wenn ich durch­aus in der Lage bin, längere Texte zu lesen und zu erfas­sen ;-)) Und man hat als Blog­le­ser auch nicht immer die Zeit dafür. Ich könnte mir vorstel­len, dass es viele Leser ähnlich sehen.
    Immer­hin weiss ich dann jetzt, was ich am Wochen­ende machen werde :-)

    Ein Vorschlag, der sicher nicht kurz­fris­tig umsetz­bar sein dürfte: Wenn man in der Reihe “Es geschah am” auch noch die Gescheh­nisse von eini­gen Tagen zurück auswäh­len und lesen könnte.

    Im übri­gen mal wieder ein gros­ses Global­lob für diesen schö­nen Blog und Dank an seinen “Vater”!

  2. Hallo Bernd,
    das Auftei­len langer Arti­kel ist schon ne gute Idee, bei diesem Text habe ich es mal auspro­biert.
    Was die Tage betrifft (zurück­blät­tern), das klappt leider nicht.
    Danke für Deine Anre­gun­gen!
    “Papa”

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