Kindheit und Jugend in der DDR

Da ich schon immer gerne lange Briefe zu meiner Verwandt­schaft schrieb und meine Briefe immer gerne gele­sen wurden, begann ich nach dem Fall der Mauer Geschich­ten aus dem Leben zu schrei­ben. Schon mit 16 Jahren wollte ich meine Memoi­ren schrei­ben, ob da viel zusam­men­ge­kom­men wäre, möchte ich heute bezwei­feln. Nach dem Fall der Mauer hatte ich Zeit und begann mit einer Fami­li­en­chro­nik sie beginnt mit meinen Urgroß­el­tern. Eine zusam­men­ge­stellte Ahnen­ta­fel beginnt 1651. Ende der Chro­nik ist der Fall der Mauer 1989. Damit sie viele lesen können habe ich mich entschlos­sen sie im Inter­net zu veröf­fent­li­chen.

Meine Kind­heit in der Deut­schen Demo­kra­ti­schen Repu­blik

Meine Eltern heira­te­ten 1948 im Februar am Valen­tins­tag. Ich bin ein echte Berli­ne­rin. Im Dezem­ber 1948 in Berlin-Köpe­nick gebo­ren, lebe ich heute noch in diesem Bezirk. Mein Leben und das meiner Vorfah­ren habe ich in einer Fami­li­en­chro­nik aufge­schrie­ben die ich auch im Inter­net veröf­fent­licht habe.
Wie ich meine Kind­heit in Berlin verlebte in den Jahren vor dem Mauer­bau möchte ich hier einmal berich­ten. Es fällt mir schwer alles das was ich damals so erlebte in einer Kurz­fas­sung zu brin­gen. Dennoch werde ich es versu­chen. Zunächst noch etwas Geschichte, Histo­rie die einige Monate vor meiner Geburt passierte. Meine Eltern lebten im Ostsek­tor, Köpe­nick war und ist ein Ostbe­zirk.
Während im Osten das Leben eintö­nig weiter ging, änderte sich 1948 eini­ges im Westen.

Am 21.6.1948 gab es im West­sek­tor eine Währungs­re­form. Es gab neue Bank­no­ten für den West­sek­tor, worauf die Russen mit einer Blockade reagier­ten. Lebensmittel‑, Kohle- und Strom­ver­sor­gung aus dem Osten wurde sofort unter­bro­chen. Der einzige Ausweg, die Menschen im West­sek­tor, von ihren Trocken­kar­tof­feln und Trocken­ge­müse zu befreien, war eine Luft­brü­cke. Ameri­ka­ni­sche und engli­sche Flug­zeuge versorg­ten nun von Juni 1948 bis Mai 1949 die Bevöl­ke­rung im Westen der Stadt.
Hier im Ostsek­tor blieb noch die Reichs- und Renten­bank­no­ten gültig. Zwischen dem 24. und dem 28.6.1948 hatte die sowje­ti­sche Besat­zungs­zone keine neuen Bank­no­ten für eine rich­tige Währungs­re­form gedruckt, deshalb beka­men die Bank­no­ten der sowje­ti­schen Besat­zungs­zone ein Spezi­al­cou­pon aufge­klebt. Sobald neue Bank­no­ten zur Verfü­gung stan­den, wurden die Bank­no­ten mit dem aufge­kleb­ten Spezi­al­cou­pon aus dem Verkehr gezo­gen. Der Umtausch fand zwischen den 25. und 28.7.1948 statt. Das Geld hieß nun Deut­sche Mark der Deut­schen Noten­bank (MDN) Am 7. Okto­ber 1949 wurde die Deut­sche Demo­kra­ti­sche Repu­blik gegrün­det, Präsi­dent war Wilhelm Pieck.
Im West­sek­tor gab es nach der Währungs­re­form keine Lebens­mit­tel­kar­ten mehr, im Osten gab es auch weiter­hin eine Lebens­mit­tel­ra­tio­nie­rung auf Karten. Die allge­mei­nen Kohlenkar­ten gab es bei uns bis zur Wende 1990.
Ich stand nahe vor der Rachi­tis, eine schlechte Wohnung und die schlechte Ernäh­rung trugen dazu reich­lich bei. Ich musste Leber­tran nehmen und einmal in der Woche zum Sport und Rotlicht mit anschlie­ßen­der Massage.

Im Sommer gingen wir öfter zu einer Bekann­ten in den Garten und ich durfte mit ihren großen Hund Teddy, ein Bern­har­di­ner, spie­len. Am Anfang hatte ich natür­lich Angst vor diesem großen Hund, er war aber harm­los, und dann setzte mich Frau Stark auf den Hund, der mich gemüt­lich durch den Garten trug, von nun an war er mein Freund. Natür­lich gab uns Frau Stark auch Obst mit beson­ders viel Johan­nis­bee­ren. Mein Vater machte dann immer Obst­weine daraus.
Einmal wollte Papa Hagen­but­ten­wein herstel­len, statt aber alles rich­tig mit einem Gärröhr­chen zu verschlie­ßen, ließ er sich beein­flus­sen und machte den Wein­krug fest zu, wie ihm gesagt wurde. Der Wein begann zu gären und gären, es gluckerte immer ziem­lich gefähr­lich im Wein­krug. Es sollte auch nicht lange dauern, dann gab es in der Nacht einen Knall, und der Wein­krug zersplit­terte voll­kom­men. Der Wein floss in Strö­men durch die Küche, es stank erbärm­lich nach Suff, und über­all lagen Körner verstreut. Die Reini­gungs­ar­bei­ten hörten nicht mehr auf.
Mein Vater nahm mich manch­mal mit in den Keller wenn er Wein abfüllte. Einmal durfte ich auch am Schlauch nuckeln. Papa und ich nuckel­ten immer abwech­selnd und bald waren wir beide ziem­lich voll. Wir schli­chen die Treppe hinauf.
Der Schlüs­sel passte auf einmal nicht mehr und wir klin­gel­ten. Mutti öffnete um schimpfte uns aus. Artig setz­ten wir und an den Tisch, ich nahm meine Gabel und merkte nur noch wie ich lang­sam rechts von meinem Stuhl fiel. Mutti brüllte: “Um Gottes Willen du hast das Kind betrun­ken gemacht!” An mehr kann ich mich nicht mehr erin­nern, nach den Erzäh­lun­gen meiner Mutter war Papa auch ganz schön blau. Ja, aber es schmeckte auch zu gut, man konnte nicht aufhö­ren zu trin­ken. Noch oft sind bei Feier­lich­kei­ten die Männer auf einmal verschwun­den, man fand sie immer im Keller. Nur ich, ich durfte nicht mehr mit in den Keller, Wein und Keller war für mich von nun an verbo­ten.

Der Aufstand 1953

1953 kaufte Papa ein Motor­rad, eine BMW und einen Beiwa­gen. Unsere erste Reise führte uns zu einem Bauern­hof im Harz.
Begann eine Reise zogen sich meine Eltern adrett an. Sie hatten sich Leder­män­tel gekauft und wir hatten alle drei eine Motor­rad­mütze (aus Leinen) auf. Lächer­lich, wenn man bedenkt wie heute die Motor­rad­fah­rer ausge­stat­tet sind, sogar Fahr­rad­fah­rer haben einen Helm auf, und wir mit unse­ren Leinen­müt­zen, aber damals trug jeder Motor­rad­fah­rer eine Leinen­mütze und einen Leder­man­tel und eine Motor­rad­brille.
Als wir am 16. Juni 1953 von einem Spazier­gang zurück­ka­men, wurden wir schon erwar­tet und die Bäue­rin sagte uns, wir sollen sofort Nach­rich­ten hören, in Berlin wäre etwas los. Aufge­regt gingen meine Eltern in ihr Zimmer, schal­te­ten das Radio ein, und wir hörten von einem Volks­auf­stand in Berlin. Die Bauar­bei­ter der Stalin­al­lee, die neue Prunk­straße des Staa­tes, demons­trier­ten gegen eine höhere Arbeits­norm, alle ande­ren Bauar­bei­ter soli­da­ri­sier­ten sich. Für den 17.6.1953 wurde zum Gene­ral­streik aufge­ru­fen.
Wie nun allge­mein bekannt ist, wurde der Aufstand, mit Hilfe der Russen, blutig nieder­ge­schla­gen. Wir fuhren gleich am nächs­ten Tag nach Hause, man sprach schon von Krieg. Ich habe gele­sen mindes­tens 1.400 Perso­nen wurden wegen “faschis­ti­scher Provo­ka­tion”, zu lang­jäh­ri­gen Frei­heits­stra­fen verur­teilt. Zum Glück gab es kein Krieg, es wurde der Ausnah­me­zu­stand ausge­ru­fen, dass hieß für uns am Abend durfte niemand mehr auf die Straße.

Meine Schul­zeit vor dem Mauer­bau

Ich wurde 1955 einge­schult und gleich von der ersten Klasse an wurden wir poli­tisch geschult. Es gab nur ein Motto: “Der Impe­ria­lis­mus will Krieg, und die Ameri­ka­ner sind Impe­ria­lis­ten”.
Schließ­lich muss­ten wir jeden Monat eine Peti­tion unter­schrei­ben, in der wir erklär­ten, nicht nach West­ber­lin zu fahren, keinen Kontakt mit West­ber­li­nern zu haben oder aufzu­neh­men. Also auch keine Post aus dem feind­li­chen Teil des Landes und keine Besu­che zu Verwand­ten im Westen. Wir hatten aber Verwandte drüben die wir auch regel­mä­ßig besuch­ten.
Uns wurde aufer­legt alle zu melden die sich nicht daran hiel­ten. Auch Fami­li­en­an­ge­hö­rige, wie Eltern, Oma, Tante, soll­ten wir denun­zie­ren. Das war für mich aber kein Thema, hörte ich doch selbst viel zu gerne RIAS oder SFB. Mir ist auch keine Denun­zia­tion bekannt.
Meine Lieb­ling­es­sen­dung im Radio war immer “Schla­ger der Woche”, “Die Insu­la­ner” und “Pension Spree­witz” mit Edith Hancke, Edith Schol­wer, Ewald Wenck und andere. Schla­ger mit Peter Kraus und Conny Froboess, liebte ich beson­ders. War doch Peter Kraus der Schwarm aller Mädchen. Es war die große Flucht­zeit, jeden Tag, beson­ders am Montag, fehl­ten Schü­ler und Schü­le­rin­nen oder Lehrer in der Schule. Damals gingen alle in den Westen, wenn man am Montag zum Bäcker ging wusste man nicht, ob er noch da war oder auch schon abge­hauen ist. So konnte es vorkom­men, dass ein Lehrer der als beson­ders “scharf” galt, an einem Montag nicht mehr in die Schule kam.
Ich erin­nere mich noch genau daran als Chris­tine in unsere Klasse kam. Ihr Vater wurde von Magde­burg nach Berlin versetzt. Montag erschien sie das erste Mal in unse­rer Klasse, erzählte viel von West­ber­lin, was mich schon wunderte. Am nächs­ten Montag fehlte sie, wir sahen sie nie wieder.
Meine Mutter ging dann auch bald nach West­ber­lin arbei­ten, auch das durfte niemand wissen.
Ich nahm deshalb schon keine Schul­freun­din mehr mit in die Wohnung, es fiel auf, dass wir immer Obst hatten, wo es doch im den Gemü­se­lä­den der DDR kein Obst oder frisches Gemüse außer­halb der Saison gab. In der Saison wurde es ratio­niert, jeder Fami­lie bekam nur ein Kilo Obst. Je nach­dem was es gerade gab: Äpfel, Birnen, Wein­trau­ben oder Kirschen. Und wie oft kam es vor das man umsonst anstand, gerade die Kundin vor mir hatte das letzte Kilo Birnen bekom­men. Wenn man umsonst eine Stunde im Gemü­se­la­den ange­stan­den hat, können einen schon die Tränen kommen, und wie oft heulte ich wegen ein paar Birnen oder Äpfel.
In der Schule muss­ten wir dann einen Aufsatz schrei­ben, warum es in der Deut­schen Demo­kra­ti­schen Repu­blik kein Obst außer­halb der Saison gibt. Es wurden die Wetter­ver­hält­nisse vorge­scho­ben. Ich schrieb dann voller Frust, dass es im Westen alles gibt und hier nichts. Außer­dem wäre in West­ber­lin das Wetter nicht anders als bei uns. Das war dann auch eine glatte Fünf, meine Eltern wurden in die Schule bestellt und zur Rede gestellt, was mein Vater aber noch lachend hinnahm. Auch weigerte ich mich, Pionier zu werden, nach dem Bau der Mauer blieb mir dann aber nichts mehr übrig, ich wurde mehr oder weni­ger dazu gezwun­gen. Ich würde das Klas­sen­kol­lek­tiv hemmen, hieß es und meinet­we­gen würde die Klasse nicht an was weiß ich alles teil­neh­men können. Nun, was blieb mir übrig, ich ging den Weg aller Kinder. Pionier, FDJ und FDGB mit Deutsch-sowje­ti­scher Freund­schaft.

Aben­teuer West­ber­lin

Aben­teuer West­ber­lin deshalb, weil man nie wusste, wie man durch die Kontrol­len und über die Grenze kam. Manch­mal ging es ganz einfach, manch­mal wurde man ausge­holt und mitge­nom­men.
Oft brauchte man aber nur seinen Ausweis vorzei­gen. Ich habe mehrere Vari­an­ten erlebt.
Meis­ten wurde nur der Perso­nal­aus­weis meiner Eltern in der S‑Bahn kontrol­liert und die Tasche musste geöff­net werden. Manch­mal auch das Port­mo­nee, die Gren­zer woll­ten wissen, ob West­geld im Port­mo­nee wäre, das war natür­lich bei Strafe verbo­ten, ebenso das Mitbrin­gen impe­ria­lis­ti­scher Zeit­schrif­ten. Impe­ria­lis­ti­sche Zeit­schrif­ten waren neben des “Stern” auch die “Hör zu”, der Quelle-Kata­log oder “Necker­mann macht’s möglich”!
Sehr unan­ge­nehm war es für mich, als wir einmal von einem Gren­zer mitge­nom­men wurden. Wir muss­ten mit ihm ausstei­gen und ihm in eine Kabuff folgen. Schon als meine Mutter ihren Ausweis vorzeigte, fragte der Gren­zer wer ich sei? “Meine Toch­ter”, sagte meine Mutter, “sie steht doch hinten im Ausweis drin”. “Dann kommen Sie mal bitte mit”, war die Antwort darauf.
Im Kabuff musste meine Mutter in ein anders Zimmer und ich musste immer wieder erzäh­len, dass es auch wirk­lich meine Mutter wäre und wo ich wohne. Mutter wurde einer Leibes­vi­si­ta­tion unter­zo­gen, sie musste ihre Tasche auspa­cken und ihre Geld­börse leeren. Als man nichts Anstö­ßi­ges fand und ich heulend meine Name und meine Adresse zum hunderts­ten Male herun­ter­be­tete, durf­ten wir wieder weiter­fah­ren. Ein ande­res schreck­li­ches Erleb­nis war an einem Sonn­tag in der Nacht.
Trotz Warnung meiner Verwand­ten nahm mein Vater ange­hei­tert Zeit­schrif­ten mit. Er steckte sich wie immer die Hör zu und den Stern in den Hosen­bund. Aber durch den Alko­hol wohl unvor­sich­tig gewor­den spiele sich folgende Szene auf der Ober­baum­brü­cke ab:
Es stand nur ein junger Gren­zer auf der Ober­baum­brü­cke, viel­leicht war der andere gerade Pipi, oder krank, jeden­falls waren es bisher immer zwei gewe­sen. Er wollte unsere Ausweise sehen, im Allge­mei­nen wurde man immer noch gefragt wo man herkam, aber dieser Gren­zer sagte nichts, stellt nur die übli­che Frage nach Zeit­schrif­ten. Mein Vater etwas ange­tü­telt antwor­tete: “Nei-ei‑n, wo denken Sie hin , soo-lch‑e verseuch­ten Zeitun­gen lesen wir doch nicht.” Just, in diesem Moment fielen ihm die “Sterne” aus den Hosen­bei­nen. Klatsch lagen sie vor dem Gren­zer. Oh Gott, jetzt müssen wir mit, dachte ich, und hatte natür­lich Angst davor, dass meine Eltern nun einge­sperrt werden.
Schmug­gel verbo­te­ner, provo­ka­to­ri­scher, impe­ria­lis­ti­scher Schrif­ten, hieß Knast für Jahre. Der Gren­zer aber ließ uns die Hefte aufhe­ben, gab meinen Eltern ihren Ausweis und ließ uns gehen. “Gehen Sie”, waren nur seine Worte. Diesem Menschen bin ich noch heute dank­bar, dass er uns vor einem schreck­li­chen Schick­sal bewahrt hat.

Da bei uns im Osten für die West­ber­li­ner alles billig war, kauf­ten sie gern bei uns ein. Aller­dings: selbst konn­ten die West­ber­li­ner bei uns im Osten nicht einkau­fen, weil jeder Kunde seinen Perso­nal­aus­weis vorzei­gen musste. Der Mensch ist erfin­de­risch, und so gab es da eben Ostbür­ger die für die West­ber­li­ner einkau­fen gingen. Natür­lich war diese Hilfe­leis­tung nicht umsonst, eine kleine Entloh­nung mit ein paar DM West wollte man dann doch schon haben. Auch meine Mutter ging für Tante Gerda in der HO einkau­fen, und mir wurde immer ganz schwind­lig wenn ich die vielen Würst­chen auf der Stange hängen sah. Bei Anblick der Wurst­sor­ten lief mit oft das Wasser im Mund zusam­men. Gab es doch bei uns zu Hause nur für Vater Fleisch, nur am Wochen­ende aß auch meine Mutter Fleisch und ich bekam etwas davon ab. An Wurst für Stul­len kann ich mich über­haupt nicht erin­nern.
Es kam vor, dass wir mal in der Woche ein paar Ripp­chen kauf­ten, einfa­che, an denen nichts dran war, die knab­berte meine Mutter mit Hingabe ab. Mir war es zu kompli­ziert und ich verzichte dann darauf.

Am 13.10.1957 fand die “Aktion Blitz” statt. Am Sonn­tag alle antre­ten zum Geld­um­tausch! Es war ein herr­lich warmer Okto­ber­tag, wir schwitz­ten alle. Eigent­lich war auch wieder ein Besuch bei Tante Gerda und Onkel Alex ange­sagt.
Statt­des­sen muss­ten wir nun Geld umtau­schen. Wir reih­ten uns in die lange Schlange, der Warten­den ein, und warte­ten auf die Ding die da kommen würden. In der Zeit von 12 Uhr bis 13 Uhr konn­ten alle DDR-Bürger gegen Vorlage ihres Perso­nal­aus­wei­ses Bank­no­ten in der Höhe von bis zu 300 DM tauschen (Deut­sche Mark der Deut­schen Noten­bank). Nach Verschleiß dieser Bank­no­ten beschloss der Minis­ter­rat der DDR im Juni 1964 die Erneue­rung der Bank­no­ten. Ab 1.8.1964 wurden dann Bank­no­ten mit der Währungs­be­zeich­nung “Mark der Deut­schen Noten­bank” ausge­ge­ben (Abkür­zung MDN).
Diese Bank­no­ten unter­schie­den sich von den im Umlauf befind­li­chen in Gestal­tung, Farbe und Format. Mit der Bildung der Staats­bank der DDR, beschloss der Minis­ter­rat ab 1.1.1968 die Währung als “Mark der Deut­schen Demo­kra­ti­schen Repu­blik” — Kurz­form “Mark” — zu bezeich­nen. Die Bank­no­ten mit der Bezeich­nung “Mark der Deut­schen Noten­bank” blie­ben bis Dezem­ber 1982 gesetz­li­ches Zahlungs­mit­tel.

Der Mauer­bau im August 1961

Im August 1961 war meine Cousine Inge gerade mit ihren Verlob­ten in Berlin. Inge über­nach­tete bei uns, während ihr Verlob­ter bei seiner Schwes­ter in West­ber­lin über­nach­tete.
Wir schlie­fen schon alle, als es nach Mitter­nacht jemand an unse­rem Schlaf­zim­mer­fens­ter klopfte. Erstaunt sahen wir aus den Fens­ter und sah Inges Verlob­ten drau­ßen stehen. Papa ging hinun­ter die Haus­tür öffnen und völlig verwirr­ter Klaus stand vor uns. “Alles ist abge­sperrt und man kommt nicht mehr durch, ich habe es bei drei Über­gän­gen versucht.” Wir versam­mel­ten uns schlaf­trun­ken im Wohn­zim­mer wo Inge schlief. Wir verstan­den nur immer “Bahn­hof”, er schwa­felte immer etwas von nicht mehr durch­kom­men, Solda­ten und Stachel­draht, und wir woll­ten es nun genau wissen.
“Ich brachte Inge zu euch und wollte dann zu meiner Schwes­ter fahren, kam aber an der Grenze nicht mehr durch.”
Nun war es aber doch ein gewal­ti­ger Schock für uns, vor eini­ger Zeit sprach Ulbricht im Radio, ich höre noch heute seine Worte: “Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen, die Bevöl­ke­rung der Deut­schen Demo­kra­ti­schen Repu­blik hat etwas ande­res zu tun, als eine Mauer zu bauen.”
Ungläu­big und erschro­cken sahen wir uns alle an. Papa stürmte zum Radio, einen Fern­se­her hatten wir ja immer noch nicht. Es wurde ja schon seit langem davon gere­det, dass etwas passie­ren würde.

Es waren 3,5 Millio­nen Menschen aus der DDR in den Westen geflüch­tet, wenn nun auch nicht mehr so viele flüch­te­ten, waren es aber immer noch eine ganze Menge, die verschwan­den. In den Nach­rich­ten wurde immer ange­ben wie viele Ostdeut­sche das Land verlas­sen haben, so wie heute die Anzahl der Flücht­linge aus Kriegs­ge­gen­den in den Nach­rich­ten bekannt gege­ben wird. Nun saßen wir alle vor dem Radio und hörten, was der Nach­rich­ten­spre­cher sagte. Er sprach von einer allge­mei­nen Grenz­sperre, über­all stehen Solda­ten, und Stachel­draht wird gezo­gen. An manchen Stel­len wurde schon eine Mauer gebaut. Inzwi­schen versam­mel­ten sich über­all an den Grenz­über­gangs­stel­len Menschen, auf der West­seite wie auf der Ostseite. Es versuch­ten noch einige rüber zu kommen, manche schaff­ten es, wieder andere wurden verhaf­tet oder es wurde auf sie geschos­sen. Mit Entset­zen nahmen wir alles wahr. Inge und Klaus fuhren am nächs­ten Tag nach Hause.

Eines Tages kam Tante Anna, eine Schwes­ter meiner Oma, zu uns und bat Papa, sie mit dem Auto zur Wiener Brücke zubrin­gen. Sie hatte mit ihrer Schwes­ter Gerda aus der Wiener Straße einen Termin ausge­macht, wo sie sich sehen woll­ten. In der ersten Zeit war es noch erlaubt, an den Stachel­draht zu gehen und zu winken. Gren­zer stan­den davor und achte­ten genau auf den Abstand. Niemand durfte zu nahe an den Stachel­draht. Nun fuhren wir gemein­sam zur Wiener Brücke, die noch stand, als Grenze war ein Zaun gezo­gen davor stan­den Gren­zer.
Viele Menschen stan­den auf beiden Seiten und wink­ten sich mit Taschen­tü­chern zu. Jeder rief seinen Verwand­ten etwas zu, so kam es zu einen völli­gen durch­ein­an­der und Geschrei, zum Schluss verstand keiner etwas und jeder suchte aus den vielen Taschen­tuch­win­kern seine Verwand­ten. Nach einer Vier­tel­stunde hatten wir die Nase voll und fuhren wieder nach Hause. Als sich dann lang­sam alles einspielte, wurde die Wiener Brücke abge­ris­sen und über­all musste der Stachel­draht einer Mauer Platz machen. Auch in der Schule spra­chen wir über den “Anti­fa­schis­ti­schen Schutz­wall” der nötig wurde, weil die Deut­sche Demo­kra­ti­sche Repu­blik ausblu­tete. Fach­ar­bei­ter wurden regel­recht gekö­dert, dafür gab es ausge­bil­dete Leute, die unsere Bürger mit falschen Verspre­chun­gen in den Westen lots­ten, erfuh­ren wir. Es konnte nicht lange dauern mit der Grenz­sper­rung hieß es, Willy Brandt wollte sich dafür einset­zen, schließ­lich war Willy Brandt “unser” Regie­ren­der Bürger­meis­ter, saßen wir doch am Radio wo er gewählt wurde und wir waren mit der Wahl einver­stan­den. Es kam aber nur zu einer Protest­kund­ge­bung am Schö­ne­ber­ger Rathaus, was uns nun auch nicht viel weiter brachte.

Nun beka­men wir wieder neue Schü­ler, deren Eltern, nun aber wirk­lich, nach Berlin versetzt wurden. Die Eltern waren gute Partei­ge­nos­sen sie wurden unsere so genannte Kader. Jeder Betrieb hatte eine Kader­ab­tei­lung, die Kader­ab­tei­lung stelle auch Arbei­ter ein, versetzte sie, dele­gierte sie zum Studium oder Weiter­bil­dung. Über die Kader, stand noch der Partei­se­kre­tär, er war der höchste Mann (Frau) in jedem Betrieb, die mehr zu sagen hatten wie jeder Betriebs­di­rek­tor. Kilo­me­ter­weite Sperr­ge­biete wurden errich­tet, dafür wurden Bewoh­ner aus ihren Häusern gewor­fen. Sie beka­men dafür andere Wohnun­gen. Nicht immer ging alles fried­lich aus, es gab auch Haus­be­woh­ner die ihr Haus nicht verlas­sen woll­ten, aber die Partei hat immer Recht, wie wir inzwi­schen wissen, also gab es Mittel und Wege, die Leute aus ihren Häusern zu werfen, auch wenn die Häuser über viele Jahre vererbt wurden. Nun beka­men wir von der Verwandt­schaft Pakete. Die Wirt­schafts­lage in der DDR besserte sich etwas.

© Copy­right Chris­tel Dux
Foto: Bundes­ar­chiv, Bild 183‑1984-0726–501 / CC-BY-SA 3.0

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