Rotes Rathaus

Es gibt immer noch Zeit­genossen, die glau­ben, das Rote Rathaus hätte seinen Namen während der DDR-Zeiten bekom­men und daher sei es eine ideo­lo­gisch gefärbte Bezeich­nung. Aber das ist Quatsch, der Name bezieht sich ausschließ­lich auf die rote Ziegel-Terra­kotta-Fassade, unab­hän­gig davon, wer im Haus das Sagen hat. Und deshalb hatte auch der poli­ti­sche moti­vierte Vorstoß vor eini­gen Jahren keine Chance, eine offi­zi­elle Umbe­nen­nung in “Berli­ner Rathaus” zu errei­chen.
Fast wäre es sowieso das Rathaus von Cölln gewor­den. Als nämlich 1709 von König Fried­rich I. die Zusam­men­le­gung der dama­li­gen Orte Berlin, Cölln, Fried­rich­stadt, Fried­richs­wer­der und Doro­theen­stadt verkün­det wurde, sollte das dama­lige Rathaus von Cölln der Verwal­tungs­sitz werden, weil es dem Schloss am nächs­tens stand. Nach dem Sitz des Rathau­ses benennt sich auch die Stadt und da das Cöll­ner Rathaus dann doch nicht genom­men wurde, da es zu baufäl­lig war, wurde auf das Rathaus von Berlin ausge­wi­chen. Und deshalb heißt die Stadt heute auch Berlin.

Aber zurück zum Rathaus: In den folgen­den Jahr­zehn­ten wuchs die Bevöl­ke­rungs­zahl der Stadt auf das Drei­fa­che, das alte Rathaus wurde zu klein und ab Ende des 18. Jahr­hun­derts wies es auch baulich immer mehr Mängel auf. Karl Fried­rich Schin­kel urteilte 1814, dass das Berli­ner Rathaus “unter den Rathäu­sern von Haupt­städ­ten eines der unan­sehn­lichs­ten und unzweck­mä­ßigs­ten in seiner Anlage” sei. Doch seine Pläne zum Umbau des Hauses wurden vom Magis­trat abge­lehnt, weil sie zu teuer waren. Jahre­lang wurden nun einzelne Berei­che in andere Gebäude verlegt. Erst 1857 gab es einen Archi­tek­ten-Wett­be­werb zum Bau eines neuen Rathau­ses. Im Erdge­schoss soll­ten Geschäfte unter­ge­bracht werden, für den Ober­bür­ger­meis­ter war eine eigene Wohnung im Gebäude vorge­se­hen. Doch der Wett­be­werb endete erfolg­los, alle einge­reich­ten Vorschläge gefie­len dem Magis­trat nicht. Darauf­hin beauf­tragte er mehrere Baumeis­ter, neue Vorschläge vorzu­le­gen. Hermann Fried­rich Waese­mann, einst Schü­ler der Bauaka­de­mie, hatte bereits am Schloss mitge­ar­bei­tet und bekam im April 1859 den Auftrag.

Sein erster Vorschlag wurde zwar abge­lehnt, dafür fand der zweite im Magis­trat eine breite Zustim­mung. Im April 1860, began­nen die Arbei­ten für den Rathaus-Neubau, doch erst ein Jahr­zehnt später ging es voll­stän­dig in Betrieb. Ein ganzes Stadt­vier­tel musste dem 99 mal 88 Meter Grund­flä­che umfas­sen­den Neubau weichen. Der umlau­fende Terra­kot­taf­ries stellt auf 36 Tafeln die Berli­ner Geschichte bis 1871 dar.
Im Zwei­ten Welt­krieg wurde das Rathaus zur Hälfte zerstört. Zwischen 1951 und 1955 wurde das Rathaus wieder aufge­baut, aller­dings folgte der Innen­auf­bau nicht mehr der ursprüng­li­chen Struk­tur. Die Fassade wurde mit Ziegeln wieder herge­stellt, die den ursprüng­li­chen ähneln. Die offi­zi­elle Eröff­nung fand im Novem­ber 1955 statt. Seit dem Okto­ber 1991 ist das Rotes Rathaus wieder der Regie­rungs­sitz der gesam­ten Stadt.

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