Der Rassismus ist mein Problem

Der Street-Art-Künst­ler Banksy hat sich mit einem neuen Bild zu Wort gemel­det. Darauf zu sehen ist die Silhou­ette eines Menschen in einem gerahm­ten Bild, dane­ben eine Kerze, die gerade die Fahne der USA in Brand setzt.

Und anläss­lich der Massen­pro­teste in den USA gegen den Rassis­mus, schreibt er: “Zuerst dachte ich, ich sollte bei diesem Thema einfach den Mund halten und Schwar­zen zuhö­ren. Aber warum sollte ich das tun? Es ist nicht ihr Problem. Es ist meins.”

Rich­tig. Natür­lich leiden Menschen unter dem Rassis­mus, der nicht nur in den USA von Weißen ausgeht. Aber gerade weil er das tut, sind auch dieje­ni­gen dafür verant­wort­lich, aus deren Reihen die Rassis­ten kommen. Auch in der Bundes­re­pu­blik werden schnell mal große Teile der eige­nen Bevöl­ke­rung ausge­grenzt. Sei es, weil sie eine dunk­lere Haut­farbe haben, weil sie die Spra­che nicht so gut beherr­schen, weil sie der “falschen” Reli­gion ange­hö­ren.

Oft habe ich im Taxi gehört, dass Türken und Araber (“Kana­ken”) keine Deut­schen sein können, unab­hän­gig davon, ob sie einen deut­schen Pass besit­zen. Das “Deutsch­sein” wird nicht durch die Staats­an­ge­hö­rig­keit defi­niert, sondern durch… tja, durch was? Viele sagen, durch “die Rasse”. Aber Rassen gibt es bei Menschen nicht. Das macht die Rassis­ten aus, dass sie Menschen in Rassen auftei­len und sie bewer­ten. Schon in der NS-Zeit wurde der jüdi­sche Teil der Deut­schen aus der “Volks­ge­mein­schaft” ausge­schlos­sen, ihnen wurde das Recht abge­spro­chen, deutsch zu sein. Dabei haben viele jüdi­sche Deut­sche seit Gene­ra­tio­nen in dem Land gelebt, haben die Wirt­schaft gestützt, große Werke in der Kultur geschaf­fen und sogar im Ersten Welt­krieg gekämpft.

Die Abwer­tung der Opfer des Rassis­mus’ kommt mitten aus der Gesell­schaft. Von Leuten, die selber nicht unter dem Rassis­mus leiden, ihn aber nutzen, um sich selber höher zu stel­len. Zum Beispiel, weil ihr Kollege vor ihnen beför­dert wird, der aus einer türki­schen Fami­lie stammt. Weil sie von einem Kontrol­leur beim Schwarz­fah­ren erwischt wurden, der einst aus Kroa­tien nach Deutsch­land kam. Oder der glaubt, weil jemand aus China stammt, muss er für die Corona-Pande­mie verant­wort­lich sein.

Rassis­mus ist die Waffe von Würst­chen. Von Menschen, die sich ande­ren gegen­über größer machen wollen, als sie eigent­lich sind. Weil sie diese ande­ren für die eige­nen Probleme im Leben verant­wort­lich machen wollen. Das muss nicht nur Immigrant*innen und Flücht­linge betref­fen oder einfach Leute, die anders ausse­hen. Es können auch vermeint­lich Schwä­chere sein, die schüch­terne Kolle­gin in der Firma, die arme Nach­bars­fa­mi­lie, die gemobbt werden. Rassis­mus ist eine Waffe, die leicht zu bedie­nen ist. Die meis­ten Rassis­ten glau­ben, man stände auf ihrer Seite, nur weil man auch „deutsch“ ist, kein Immi­grant, am besten noch blond und blau­äu­gig. Sie kommen aus unse­rer Gesell­schaft und deshalb sind sie unser Problem. Deshalb müssen WIR gegen den Rassis­mus vorge­hen und protes­tie­ren, nicht nur dieje­ni­gen, die darun­ter als Opfer zu leiden haben. Schon allein deshalb, um nicht mit ihnen gleich­ge­setzt zu werden.

Der erste Schritt ist die offen­sive Soli­da­ri­tät mit denen, die Ziel von rassis­ti­schen Sprü­chen und Angrif­fen sind. Man muss sich auch gegen rassis­ti­sche Äuße­run­gen wenden, wenn sie von Leuten kommen, die meinen, man wäre ja gerade „unter sich“. Diese Situa­tion kenne ich aus dem Taxi, wenn Fahr­gäste über „die Schwarz­haa­ri­gen“ lästern, oft auch nur „die“ genannt. Es ist nicht immer leicht, dage­gen Posi­tion zu bezie­hen, zu einfach ist es, einfach die Klappe zu halten und nur die Augen zu verdre­hen. Aber jeder, der eine rassis­ti­sche Äuße­rung ablässt, fühlt sich bestä­tigt, wenn er keinen Wider­spruch bekommt. Im Taxi ist es schon dazu gekom­men, dass ein Fahr­gast aus Empö­rung die Fahrt abge­bro­chen hat, weil ihn meine Entgeg­nun­gen auf seine rassis­ti­schen Sprü­che nicht gepasst haben. Gut so, denn ich fühle mich in der Gegen­wart solcher Leute schlecht, auch wenn nicht ich Ziel ihrer Angriffe war.

Rassis­mus ist ein Gift und es ist notwen­dig, sich dage­gen zu wehren. Egal, ob man selber gemeint ist oder jemand ande­res!

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Auch in Berlin gibt es offen­bar einige Leute, die leicht empfäng­lich sind für die PR-Stra­­te­­gien großer Konzerne. Anders kann ich es mir nicht erklä­ren, dass heute früh ca. 250 Leicht­gläu­bige am Ernst-Reuter-Platz Schlange stan­den, um […]

1 Kommentar

  1. Hey Aro,auch ich habe im Taxi oder auch auf der Straße immer wieder Nazi­sprü­che gehört. Eines Tages kam ein erkenn­ba­rer Rech­ter mit einem indisch ausse­hen­den Model im Arm am Reichs­tag zu meiner Rikscha und BEIDE zogen über die Auslän­der her, mach­ten AFD Progagenda und lehn­ten sich wie selbst­ver­ständ­lich selbst­herr­lich an mein Gefährt.
    Sogar in der NA-Selbst­hil­fe­gruppe hörte ich: “Da sind mir zu viele Dunkle”, also weit­weit weg von irgend­wel­cher Gene­sung. Clean viel­leicht. Aber auch gene­sen? Am berüch­tigt­sen war früher die “Schä­fer­see­halte, wo gerne mal die Natio­nal­hymne laut abge­spielt wurde und dann einige Platz­hir­sche stramm stan­den…

    Die Anfänge sind längst Geschichte. Wir sind schon mitten­drinne.

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