Neue Berliner Straße

Wer einen Film drehen möchte der auf der Straße spielt, hat zwei Möglich­kei­ten: Er sucht sich eine passende Straße aus, lässt sie sper­ren, muss even­tu­ell die Fassa­den auf alt verän­dern. Das kostet viel Geld und sehr viel orga­ni­sa­to­ri­sche Kraft und Zeit. Oder er baut sie sich mit Kulis­sen selbst. So wurde es in den 1990er Jahren gemacht, als der Kino­film “Sonnen­al­lee” von Lean­der Hauß­mann gedreht wurde. Auf einem gemie­te­ten Gelände des Studio Babels­berg in Pots­dam entstand die 130 Meter lange “Berli­ner Straße” — ein angeb­lich typi­sche Straße in Ost-Berlin, wie sie damals schon nicht mehr exis­tierte. Obwohl nur für dieses eine Film­pro­jekt errich­tet, stand die Straße noch weitere 15 Jahre und die Kulis­sen konnte man in insge­samt 60 Filmen sehen.

Darun­ter deut­sche (z.B. “Herr Lehmann”), aber auch inter­na­tio­nale Produk­tio­nen wie “Der Pianist” oder “Inglou­rious Basterds”. Teile der Fassade wurden immer wieder mal ausge­tauscht, insge­samt aber handelte es sich stets um die selbe Berli­ner Straße.

Da das alte Grund­stück für Wohnungs­neu­bau­ten gebraucht wurde, musste das Studio Babels­berg die Kulis­sen abrei­ßen. Nur wenige hundert Meter entfernt entsteht deshalb gerade die Neue Berli­ner Straße, schon in eini­gen Wochen soll hier die erste neue Produk­tion begin­nen.

Das Gelände ist drei­mal so groß, es handelt sich um einen Platz und mehrere Stra­ßen, die hier nach­ge­stellt sind. Darun­ter ein großes Tanz- und Café­haus, das vor 90 Jahren mal an der Leip­zi­ger Ecke Fried­rich­straße in Berlin-Mitte gestan­den hat. Es gibt eine Weddin­ger Straße, in der der Putz von den alten Häuser­fas­sa­den fällt. Es gibt einen Platz im groß­bür­ger­li­chen Teil Char­lot­ten­burgs, dane­ben einen mehr­stö­cki­gen Fabrik­bau aus der Grün­der­zeit, wie er für Berlin typisch war.

Die mit Stuck verzier­ten Fassa­den, die Gull­i­de­ckel im Boden, die verschmutz­ten Fens­ter mit alten Vorhän­gen dahin­ter — wer durch diese Stra­ßen läuft wähnt sich tatsäch­lich in einer real exis­tie­ren­den Straße. Dazwi­schen sind immer wieder freie Stel­len, in denen später grüne Wände aufge­stellt werden. Hier können dann weitere Fassa­den oder Einbli­cke digi­tal einge­fügt werden.
Auch dies­mal wird sie als Erstes für ein spezi­el­les Projekt errich­tet, “Baby­lon Berlin” vom Tom Tykwer spielt Ende der 1920er Jahre. Es ist eine Fern­seh­se­rie, die von der ARD und Sky gemein­sam produ­ziert wird und mindes­tens 16 Folgen haben soll. Aller­dings ist diese Neue Berli­ner Straße von Anfang an auf eine längere Dauer ange­legt. Fünf Meter tief gehen die Stahl­trä­ger in den Boden, die die Kulis­sen tragen. Die ange­häng­ten Fassa­den können für andere Produk­tio­nen ausge­tauscht werden, so dass diese Straße im Laufe der Jahre ihr Ausse­hen immer wieder ändern wird.

Eine solche Straße exis­tiert in Europa kein zwei­tes Mal. Und wie es aussieht, wird sie dies­mal ein länge­res Leben haben, da sie nun auf einem Grund­stück steht, das dem Studio Babels­berg gehört.

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4 Kommentare

  1. Das klingt, als wärst du zur Besich­ti­gung dort gewe­sen?
    Irgend­wie witzig diese nach dem 2.Stock enden­den Groß­stadt­häu­ser.

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