Wer seid Ihr eigentlich?

Unter der etwas versteck­ten Seite Was seid ihr eigent­lich, wo erklärt wird, was Berlin Street ist, steht eine typi­sche Diskus­sion. Sie fängt an mit einer inter­es­san­ten Frage, die auf der Seite aufge­wor­fen wird, schlägt aber dann um in einen Streit über Leute, die im Inter­net anonym ihre Meinung herum­po­sau­nen.

Ich habe nie verstan­den, warum Menschen im Inter­net so drin­gend ihre Meinung anonym geben müssen, von einsich­ti­gen Ausnah­me­fäl­len abge­se­hen. Leser­briefe in Zeitun­gen sind immer mit vollem Namen und Wohn­ort unter­zeich­net, und im Tele­fon­buch kann man den Schrei­ber iden­ti­fi­zie­ren. Wenn wirk­lich jemand oder etwas geschützt werden muss, steht unter so einem Leser­brief: “Name und Anschrift sind der Redak­tion bekannt.” Auf der Leser­brief­seite steht biswei­len: “Die Redak­tion lädt zur Einsen­dung von Leser­brie­fen ein. Anonyme Einsen­dun­gen wandern in den Papier­korb.”

Im Inter­net ist das anders. Da melden sich viele unter einem Phan­ta­sie­na­men an, zeigen kein erkenn­ba­res Foto von sich, manch­mal zeigen sie sogar ein Foto von jemand ande­rem, und dann meckern und schimp­fen sie los.

Ich habe das nie verstan­den. Meine Meinung gehört mir, und sie ist mir zu wert­voll als dass ich sie anonym herum­po­sau­nen möchte. Ich hoffe, dass sie ein Leser inter­es­sant findet, nach­schaut, wer ich bin und was ich sonst so mache, und dass sich daraus viel­leicht ein frucht­ba­rer Gedan­ken­aus­tausch ergibt.

Psycho­lo­gisch ist es auch merk­wür­dig: Ich war Hoch­schul­leh­rer. Ganz, ganz selten kam es vor, dass ein Student ein Compu­ter­pro­gramm, das sich jemand anders ausge­dacht hatte, als eigene Lösung der Haus­auf­gabe einlie­ferte. Ich habe ihn dann immer damit konfron­tiert, wie verächt­lich ich das finde. Und dann kam regel­mä­ßig die Frage: “Ja, hätte ich denn besser ein paar Varia­blen­na­men ändern sollen, damit Sie es nicht merken?” Ich habe dann erklärt, dass offen­bar kein Wert auf ein erwach­se­nes Vertrau­ens­ver­hält­nis zwischen Dozen­ten und Studen­ten gelegt wird, die doch immer­hin zusam­men dafür sorgen müssen, dass der Student etwas lernt. Aber eigent­lich finde ich so eine Frage ganz beson­ders verächt­lich. — “Haben Sie lieber, dass ich Sie betrüge oder dass ich Sie so betrüge, dass sie es nicht merken?”

So auch in der bewuss­ten Diskus­sion unter der Seite “Was seid ihr eigent­lich”. Da fragt jemand mit einem offen­sicht­li­chen Phan­ta­sie­na­men, ob er denn etwa besser einen falschen Namen wie “Karl Müller” hätte ange­ben sollen. Das glei­che, verächt­li­che Denk­mus­ter.

Leute! Gebt das gute Vorbild. Macht eine Website mit Bild, auf der ihr euch vorstellt und etwas Sinn­vol­les zu euch schreibt, und disku­tiert im Inter­net mit offe­nem Visier! Dann ist die Gefahr, dass Ihr einen unhöf­li­chen Scheiß schreibt, gebannt, und viel­leicht ergibt sich was inter­es­san­tes Neues.

Hanno Wupper
selbstdenkbuch.eu

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