Garnisonkirche

Wie zerris­sen kann ein Punkt sein?

Die erste Kirche, die Fried­rich Wilhelm I. in Pots­dam für seine Solda­ten hatte bauen lassen, fing schon nach ein paar Jahren an, im sump­fi­gen Boden zu versin­ken, und die Risse in den Mauern wurden immer größer. Jetzt erst recht, muss er sich gesagt haben, und gab bei Gontard, dem „Meis­ter des Turmes in der Land­schaft“, einen Neubau mit einem Glocken­turm von über acht­und­acht­zig Metern in Auftrag. Obwohl ihm Kunst sonst ziem­lich egal war, sollte diese Kirche schön werden, und das gelang: Später sprach man von der schöns­ten Barock­kir­che Nord­deutsch­lands. Selbst­ver­ständ­lich hatte sie ein hollän­di­sches Glocken­spiel. Zu den fünf­und­drei­ßig Glocken aus der alten Kirche kamen fünf neue Bass­glo­cken hinzu. Also rich­tig große, die einen stabi­len Turm erfor­dern, nicht ein paar kleine Bimmel­chen für hohe Töne nur um der Anzahl willen.
Geld spielte auf einmal keine Rolle, und das bei einem König, der sonst nur Nütz­li­ches gebaut hatte und eisern sparte. Ging es um die höhere Ehre Gottes oder doch auch um sein Ego? Kann man das über­haupt unter­schei­den? Er empfand sein König­tum als schwere Last, die er aber tragen musste, weil Gott sie ihm aufge­bür­det hatte. Abdan­ken war unvor­stell­bar, bequem und selbst­süch­tig auf Kosten des Staa­tes leben eben­falls.
Unter der Kirche ließ er sich eine Gruft bauen. Er war der erste der Hohen­zol­lern, der nicht bei seinen Vorfah­ren liegen wollte, und auch für seine Nach­kom­men war hier kein Platz. Nur für ihn selbst und seine Frau.
In der glei­chen Zeit baute er auch sein einzi­ges Schloss, das unschein­bare Jagd­schloss Stern. Dort war nicht einmal Platz für seine Frau.
Seine Frau aber verschmähte den Platz neben ihm in der Garni­son­kir­che. Da legte man seinen Sohn zu ihm in die Gruft und errich­tete im Kirchen­raum ein üppi­ges Denk­mal für den Vater und den Sohn, das an das Grab­mal von Wilhelm von Oranien in Delft erin­nert.
So wurde die Garni­son­kir­che in Pots­dam ein Ort der Vereh­rung Gottes und zugleich des neuen sehr welt­li­chen Staa­tes Preu­ßen, des Mili­tärs, des Vaters und des Sohnes. Der ungläu­bige Sohn, der so viel Rokoko gebaut hatte, lag dort gegen seinen Willen, und zwar in einem ganz einfa­chen Zink­sarg. Die Mutter lag dort gegen den Willen des streng gläu­bi­gen Vaters und Fami­li­en­men­schen nicht. Das vom Vater aufge­baute Mili­tär war eine reine Vertei­di­gungs­ar­mee. Die Solda­ten waren ihm viel zu wert­voll zum Verhei­zen. Der Sohn schickte sie in zahl­lose Schlach­ten. Nach­her war Preu­ßen groß, bestand aber immer noch aus unzu­sam­men­hän­gen­den Gebie­ten. Das Glocken­spiel erin­nerte an die Wurzeln in Holland. Nach 1797 aber spielte es zu jeder vollen Stunde „Lobe den Herren, den mäch­ti­gen König der Ehren“ und zu jeder halben Stunde „Üb’ immer Treu und Redlich­keit“, also ein Kirchen­lied und eine Reklame für die preu­ßi­schen Tugen­den. Napo­leon, der Preu­ßen zerrei­ßen wollte, und die von ihm verab­scheute Luise, die es zusam­men­hal­ten wollte, besuch­ten die Särge in der Gruft.
Konnte die Kirche dafür? Als sie gebaut wurde, war sie nur Ausdruck der Vereh­rung Gottes mit einem hollän­di­schen Glocken­spiel in der Garni­son einer Vertei­di­gungs­ar­mee.
Später began­nen die Nazis, die Kirche in eine neue Rich­tung zu zerren: sie insze­nier­ten hier den „Tag von Pots­dam“, der demons­trie­ren sollte, dass sie die alte monar­chis­ti­sche Tradi­tion auf neue Art weiter­führ­ten. Es war eine zyni­sche Besu­de­lung der Ruhe­stätte des Vaters und des Sohnes und ein Verrat aller Werte des Staa­tes Preu­ßen. Konnte die Kirche dafür?
Im Krieg wurden die beiden Särge aus der Gruft in Sicher­heit gebracht.
Nach dem Krieg stand die Kirche noch, wenn auch schwer beschä­digt. Aber sie musste weg. Ulbricht wollte sie nicht; er wollte statt­des­sen an einer ande­ren Stelle, neben dem Schloss ein schmuck­lo­ses Hoch­haus. Nicht schön sollte es werden, aber hoch, damit man sieht, dass auch die SED einen Hori­zont eingrei­fend verän­dern kann.
Viele Bürger setz­ten sich für den Erhalt der Kirche ein. Die Gutach­ten, die bewei­sen muss­ten, dass die Spren­gung unver­meid­lich war, trie­fen von Schein­hei­lig­keit. Lesen Sie sie, wenn Sie die SED verste­hen wollen. Die Pots­da­mer Garni­son­kir­che gibt es nicht mehr. Statt­des­sen gibt es woan­ders das Hotel Mercure, ehemals Inter­ho­tel.
Nach der Wende spen­de­ten Offi­ziere der Bundes­wehr Geld für ein neues Glocken­spiel. Die Glocken hängen in einem einfa­chen eiser­nen Gestell und spie­len wieder „Lobe den Herren, den mäch­ti­gen König der Ehren“ und „Üb’ immer Treu und Redlich­keit“, jeden­falls, wenn das Werk funk­tio­niert.
Man strei­tet sich, ob die Spen­der inte­gre, tradi­ti­ons­be­wusste Bundes­wehr­sol­da­ten sind oder Nazis, die etwas im Schilde führen. Da kommt es gerade recht, wenn das Uhrwerk mal wieder hapert und man nicht zum Repa­rie­ren kommt.
Nun soll die Garni­son­kir­che wieder aufge­baut werden. Oder zunächst einmal nur der Turm. Oder eine neue Kapelle an der alten Stelle. Oder abso­lut gar nichts.
Viele Chris­ten sind für den Wieder­auf­bau, und sie werden unter­stützt von Poli­ti­kern und Staats­män­nern. Viele sind sich einig, dass die neue Kirche in alter Gestalt ein Mahn­mal und Zentrum des Frie­dens und der Verstän­di­gung werden muss. Auch soll hier Aufklä­rung betrie­ben werden über die Natio­nal­so­zia­lis­ten und den Tag von Pots­dam.
Wahr­schein­lich gibt es auch einige unver­bes­ser­li­che Alt-Nazis, die die Kirche als Symbol des Mili­ta­ris­mus und Natio­na­lis­mus wieder haben wollen. Sie werden damit leben müssen, dass Ausstat­tung und Ausstel­lun­gen das Gegen­teil ausstrah­len.
Am lautes­ten sind die, die gegen einen Wieder­auf­bau sind: diesel­ben Leute, die gegen den Abriss des Hotel Mercure und eini­ger ande­rer Bauten aus der DDR-Zeit sind. Was Ulbricht gesprengt hat, darf nicht wieder­erste­hen. Was er gebaut hat, muss blei­ben. Ihnen sind alle Mittel recht: sie verun­glimp­fen Anders­den­kende, verdre­hen die Wahr­heit und töten Diskus­sio­nen im Inter­net, bevor man auch nur anfan­gen könnte, einan­der zu verste­hen. Wenn sie ein Bild finden, das zeigt, wie die neue alte Kirche im heuti­gen Pots­dam ausse­hen würde, finden sie sie schreck­lich häss­lich, alles erschla­gend. Über das Hotel verlie­ren sie dann kein Wort.
Die folgende Diskus­sion, die Sie sich nicht unbe­dingt antun müssen, ist dafür ein Beispiel. Dies­mal wollte ich es wissen. Wenn ich nicht mitdis­ku­tiere, geht es fast genauso, Woche um Woche. Achten Sie darauf, wie man hier mit Logik umgeht: Man verwen­det Formeln und beruft sich auf Frege, aber es stimmt einfach nicht. Die Formeln und ihre Inter­pre­ta­tion ändern sich einfach zwischen­durch, damit der andere im Unrecht bleibt.
Der Anlass: Das Stif­tungs­ku­ra­to­rium wurde übler Trick­se­rei beschul­digt. Da geht es gar nicht mehr um die Kirche selbst, sondern darum, dass ihre Befür­wor­ter mit einem in die Satzung geschmug­gel­ten Neben­satz angeb­lich die Stadt Pots­dam benach­tei­li­gen wollen. Die Situa­tion, über die hier dauernd gere­det wird, wird sich wohl nie erge­ben. Es geht nur darum, Menschen verdäch­tig zu machen.

HW Bitte genau lesen! Die Ände­rung ist ZUGUNS­TEN der Stadt Pots­dam. Das ist eine Frage der Logik. Früher stand da: “Wenn A und B, dann fällt es an die Landes­haupt­stadt.” Jetzt steht da: “Wenn A und B oder C, dann fällt es an die Landes­haupt­stadt.” Die Anzahl der Fälle, in denen es an die Landes­haupt­stadt fällt, ist also vergrö­ßert.
Carlos So n Quatsch. Bitte genau lesen.
Rüdi­ger Dann lesen sie sich bitte Punkt 2 durch. In der ursprüng­lich von der SVV bestä­tig­ten Fassung würde das Grund­stück auch bei einem begon­ne­nen aber nicht abge­schlos­se­nen Bau an die Stadt zurückfallen.In der dann ohne entspre­chen­dem Beschluss der SVV ins Regis­ter einge­tra­ge­nen Fassung reicht es, eine über­dachte Fläche für Gebete zu schaf­fen, und das Grund­stück ist für die Stadt verloren.Jetzt wird auch deut­lich, warum der gut nutz­bare Anbau­teil des Rechen­zen­trums abge­ris­sen wurde um eine tempo­räre Kapelle zu schaffen.Arvid Hanno, eben das steht da nicht. Dort steht “wenn !A ^ !B ^ !C”. Und C wäre leich­ter zu erfül­len, als A oder B, demnach eine Aufwei­chung zu unguns­ten der Stadt.
HW Arvind: ich lese da ein fett gedruck­tes “oder”. “Ist nach Beglei­chung das Grund­stück noch nicht verwer­tet und der Wieder­auf­bau der Kirche auf dem Grund­stück noch nicht abge­schlos­sen oder ein kirch­lich nutz­ba­rer Gebäu­de­teil noch nicht errich­tet , so fällt es an die Landes­haupt­stadt.” Ich habe als Logik-Dozent nur auf diesen fett gedruck­ten Satz reagiert.
Rüdi­ger HW Oder ein kirch­lich nutz­ba­rer Gebäu­de­teil noch nicht errich­tet ist. Da steht nicht, dass das ein Teil der Fassa­den­ko­pie sein muss, zumal dieser andere Teil der Ände­rung der Satzung dieses nicht mehr zwin­gend zur Erfül­lung des Stif­tungs­zwe­ckes erfor­der­lich macht. Es reicht, wie schon bemerkt, eine Kapelle. Aber die Satzungs­än­de­rung ermög­licht, auch etwas ande­res als die Fassa­den­ko­pie zu bauen.
Arvid Hanno: “(!A ^ !B) v !C” ist weni­ger strin­gent als “!A ^ !B”, beson­ders, wenn C einfa­cher zu reali­sie­ren. “!C” wurde dazu­ge­mo­gelt und läßt bei !Erfül­len die Logik wahr werden.
Carlos Ja, manch­mal ist das so ne Sache mit der Logik.
HW Arvid: Klar ist “(!A ^ !B) v !C” weni­ger strin­gent. Es steht aber auf der linken Seite eines Impli­ka­ti­ons­pfeils. Rechts steht: “fällt es an die Landes­haupt­stadt.” Also fällt es in MEHR Fällen an die Landes­haupt­stadt. In der Über­schrift des Arti­kels steht aber: “Mani­pu­la­tion ZULAS­TEN der Stadt Pots­dam?” Die Antwort auf dieses Frage­zei­chen ist: Nein, zuguns­ten. Oder ist etwa gemeint, dass das Grund­stück eine Last für Pots­dam wäre? Dann würde die Über­schrift stim­men; aber darauf wäre ich nicht gekommen.Noch ein Versuch, das Miss­ver­ständ­nis zu klären: Es kann ja sein, dass C leicht zu reali­sie­ren ist. Dann wäre C wahr. Dann wäre !C unwahr. Dann würde “(!A ^ !B) v !C” also das selbe bedeu­ten wie “(!A ^ !B)”. Damit ist bewie­sen, dass der dazu­ge­mo­gelte Halb­satz nichts zur Bedeu­tung betra­gen würde, gerade wenn C leicht zu reali­sie­ren ist.Ich vermute, dass Ihr da heraus­lest, es stünde da: “Wenn C, dann fällt es sicher nicht an Pots­dam”. Das steht in dem MAZ-Arti­kel aber nicht, und das kann man aus der neuen Formu­lie­rung auch nicht ablei­ten.
Rüdi­ger HW, der Unter­schied besteht darin, das die Stadt Pots­dam, in der von der Stadt­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung bestä­tig­ten Fassung der Satzung das Grund­stück nach Para­graph 13 Absatz 2, selbst wenn der Bau der Fassa­den­ko­pie weit fort­ge­schrit­ten wäre, im Falle der Auflö­sung der Stif­tung, zurück­be­kom­men hätte.“Zur Beglei­chung von Verbind­lich­kei­ten ist zunächst das Finanz und mobile Vermö­gen heran­zu­zie­hen. Ist nach Beglei­chung das Grund­stück noch nicht verwer­tet und der Wieder­auf­bau der Kirche auf dem Grund­stück noch nicht abge­schlos­sen, so fällt es abwei­chend von Absatz 1 an die Landes­haupt­stadt Pots­dam.” so die von der SVV bestä­tig­ten Fassung.In der nicht von der Stadt­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung bestä­tig­ten Fassung heißt es im Absatz 2“Zur Beglei­chung von Verbind­lich­kei­ten ist zunächst das Finanz und mobile Vermö­gen heran­zu­zie­hen, ist nach Beglei­chung das Grund­stück noch nicht verwer­tet und der Wieder­auf­bau der Kirche auf dem Grund­stück noch nicht abge­schlos­sen ^^^oder ein kirch­lich nutz­ba­rer Gebäu­de­teil noch nicht errichtet^^^(^^^Anmerkung R.S.), so fällt es abwei­chend von Absatz 1 an die Landes­haupt­stadt Potsdam.“Der Absatz 3 regelt ausschließ­lich eine even­tu­elle Zustif­tung des Landes Brandenburg.Das bedeu­tet, dass die Stadt Pots­dam in der ersten, von den Stadt­ver­ord­ne­ten bestä­tig­ten Fassung das Grund­stück im Falle einer Auflö­sung der Stif­tung, sehr wahr­schein­lich zurück­be­kom­men hätte.In der 2., nicht von den Stadt­ver­ord­ne­ten bestä­tig­ten Fassung ist das Grund­stück, aktu­ell bereits, verlo­ren, da ein kirch­lich nutz­ba­rer Gebäu­de­teil bereits errich­tet wurde. Und zwar die provi­so­ri­sche jetzt Nagel­kreuz-Kapelle. (Es ist nämlich nicht die Rede davon, dass dieser Gebäu­de­teil zur Fassa­den­ko­pie der Garni­son­kir­che gehö­ren muss es muss ledig­lich auf dem Grund­stück stehen.)Hier ist also sehr wohl eine Mani­pu­la­tion zu Lasten der Stadt Pots­dam erfolgt.
HW Wenn da irgendwo ein kirch­lich nutz­ba­rer Gebäu­de­teil steht, aber der Wieder­auf­bau der Kirche auf dem Grund­stück noch nicht abge­schlos­sen ist, würde es auch nach der zwei­ten Formu­lie­rung an die Stadt Pots­dam fallen. Die Angst von Rüdi­ger wäre berech­tigt, wenn in der zwei­ten Fassung stünde: “!A ^ !B ^ !C”. Auf Deutsch: “Zur Beglei­chung von Verbind­lich­kei­ten ist zunächst das Finanz und mobile Vermö­gen heran­zu­zie­hen. Ist nach Beglei­chung das Grund­stück noch nicht verwer­tet und der Wieder­auf­bau der Kirche auf dem Grund­stück noch nicht abge­schlos­sen UND ein kirch­lich nutz­ba­rer Gebäu­de­teil noch nicht errich­tet [m.a.W: UND nicht einmal ein kirch­lich nutz­ba­rer Gebäu­de­teil errich­tet ist (H.W.)], so fällt es abwei­chend von Absatz 1 an die Landes­haupt­stadt Potsdam.“Das steht da aber wirk­lich nicht. Viel­leicht war das ja gemeint; aber dann ist aus rein logi­schen Grün­den das Mani­pu­lie­ren zu Unguns­ten der Stadt nicht gelun­gen, weil die Mani­pu­la­to­ren keine Logik beherrsch­ten.
Carlos Hanno, was soll der Mist? Der Fall ist eindeu­tig.
Rüdi­ger HW, also tut mir leid, da sehen Sie etwas falsch. In der von der Stadt­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung bestä­tig­ten Fassung fiele das Grund­stück bei einer Stif­tungs­auf­lö­sung sogar bei einem weit fort­ge­schrit­te­nen Bau der Fassa­den­ko­pie an die Stadt Pots­dam. Bei der nicht von den Stadt­ver­ord­ne­ten bestä­tig­ten aber vom OB unter­schrie­be­nen und ins Regis­ter einge­tra­ge­nen Fassung reicht es, ein kirch­lich nutz­ba­res Gebäude auf dem Grund­stück zu errich­ten, und das Grund­stück fällt nach Absatz 1, wenn nach dem heran­zie­hen der finan­zi­el­len und mobi­len Mittel der Stif­tung das Grund­stück noch verfüg­bar ist, an den Kirchen­kreis Pots­dam. Das ist nicht fehl­zu­in­ter­pre­tie­ren. Die Stadt Pots­dam ist hier geschä­digt worden.
Jens Das ist nicht nur eine lustige kleine Finte sondern ein Fall für den Staats­an­walt…
Nico HW, das ist ein sonnen­kla­rer Fall. Da hilft auch die anschau­ungs­ferne Symbo­lik nach Gott­lob Frege nüscht.
HW Formeln, ob nach Frege oder nicht, helfen nur dem, der gelernt hat, damit umzu­ge­hen. Ich habe sie nicht in diese Diskus­sion einge­führt, sondern nur auf Arvid reagiert, der damit ange­fan­gen hat. Aber wenn man damit umge­hen kann, helfen sie, Denk­feh­ler zu durchschauen.Ja, der Fall ist glas­klar. Zu einer ohne­hin schon schwie­ri­gen Formu­lie­rung ist ein Neben­satz mit ODER hinzu­ge­kom­men. Ob dieje­ni­gen, die den Text geän­dert hatten, das so woll­ten, kann ich nicht beur­tei­len, aber da steht ODER und nicht UND. Damit ist die Zahl der Fälle, in denen das Grund­stück an Pots­dam fällt, größer und nicht klei­ner gewor­den. Solange da ODER steht, ist die Stadt nicht benachteiligt.Wer hier findet, dass sonnen­klar ist, dass die Stadt benach­tei­ligt wurde, spricht nicht über das, was da im Text steht, sondern über das, was er heraus­liest. Über vermeint­li­che, mögli­cher­weise sogar wirk­li­che Absich­ten des Gegners.Rüdiger erklärt immer und immer wieder gedul­dig, was er heraus­ge­le­sen hat. Das verstehe ich ja, aber es STEHT da nicht. Die Beiträge von Carlos und eini­gen ande­ren tragen über­haupt nicht zur Klärung bei.Was man jetzt tun müsste, ist die Gegen­seite fragen, was mit der Ände­rung eigent­lich GEMEINT war, und sich auf einen Text eini­gen, der das wieder­gibt. Den kann man dann ableh­nen. Und wenn Klar­heit über die Absicht herrscht, kann man darüber klagen.Man könnte auch Sitzungs­pro­to­kolle durch­le­sen und versu­chen, die Absicht hinter der Ände­rung zu rekon­stru­ie­ren. Aber selbst wenn die Absicht vorge­le­gen haben sollte, die Stadt zu benach­tei­li­gen und das fest­zu­schrei­ben, was Rüdi­ger befürch­tet, ist das nicht gelun­gen. Dann hätte da UND stehen müssen.
Arvid 0 ^ 0 v 0 = 0 heißt, nichts wird gebaut, dann Rück­füh­rung an Pots­dam. Ein 0 ^ 0 v 1 = 1, d.h. Mini­mal­bau vorhan­den. Stadt erhält das Grund­stück nicht zurück. Somit Nach­teil.
HW Da steht: “dann fällt es an die Landes­haupt­stadt.” Somit VORteil.Die 1 in obiger Formel bedeu­tet übri­gens: Mini­mal­bau NICHT vorhanden.Wenn in einem Text Vernei­nun­gen und das Wort “oder” auftau­chen und das Ganze auch noch im “wenn”-Teil von wenn-dann steht, machen Menschen gerne Fehler. Das war schon immer so. Deshalb sollte man drin­gend eine weni­ger kompli­zierte Formu­lie­rung suchen.Ich versuch’s noch einmal, mit wenig Hoffnung:Nehmen wir an, dass da ein Mini­mal­bau steht, aber keine fertige Kirche. Dann ist das, was rechts vom “oder” steht, nicht erfüllt. Dann macht also dieser neue Neben­satz gar nichts aus, und es kommt nach wie vor darauf an, was links vom “oder” steht. Und da die Kirche nicht fertig ist, fällt das Grund­stück nach wie vor an die Haupt­stadt.
Aber das hatte ich schon erklärt.
Arvid Ich gebs auf.

Wie gesagt, dies ist nur ein Beispiel. Die Menschen sind gespal­ten, was ihre Sicht auf die Vergan­gen­heit betrifft, und im Streit um eine Kirche, die es nicht mehr gibt, zeigt sich das ganz beson­ders deut­lich, gerade in solchen klei­nen Dingen. Inso­fern sind wir an diesem Ort mitten in der zerris­se­nen Wieder­ver­ei­ni­gung.
Unweit der Garni­son­kir­che, im Schloss Cäci­li­en­hof, schaff­ten die Alli­ier­ten den Staat Preu­ßen endgül­tig ab. Auch für sie war Preu­ßen der Inbe­griff von Natio­na­lis­mus und Mili­ta­ris­mus, von Angriffs­krie­gen und der Unter­drü­ckung Anders­den­ken­der. Hitlers teuf­li­scher Tag von Pots­dam war also ein Erfolg. Aber zum „Preu­ßen­jahr“ 2001, drei­hun­dert Jahre nach der Selbst­krö­nung Fried­richs in Königs­berg, erschie­nen massen­haft Bild­bände, Biogra­phien und Geschichts­bü­cher, die ein ande­res Bild vermit­teln. Kann es sein, dass man sich nach einer Gesell­schaft zurück­sehnt, in denen Tugen­den nicht nur von ande­ren verlangt, sondern gelebt werden?
Viel­leicht ist es gut, dass die Garni­son­kir­che nicht wieder aufge­baut wird. Wer genau sollte sonst in die Gruft?

Aus: Suche nach der Mitte von Berlin

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“Wie fallen Dir bloß immer wieder neue Geschich­ten ein?” — das ist die Frage, die der Comic-Zeich­­ner mit dem Marken­zei­chen © TOM wahr­schein­lich am meis­ten hört. Und sie ist verständ­lich. Seine klei­nen Strips namens “Touché”, […]

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