Sie sagen: Psychisch krank

Nach­dem am Sams­tag in Müns­ter ein Fahr­zeug in eine Menschen­menge gefah­ren war und dabei zwei Perso­nen getö­tet und viele verletzt wurden, stand der Schul­dige für einige sofort fest. Die AfD-Rassis­tin Beatrix Storch, aber auch andere Rechts­extre­mis­ten, mach­ten sofort Flücht­linge dafür verant­wort­lich. Als sich dann heraus­stellte, dass der Täter ein Deut­scher war, forder­ten sie jedoch nicht die Abschie­bung aller Deut­schen.

Viel zu schnell nach dem Anschlag gab die Poli­zei in Müns­ter bekannt, dass der Täter „psychisch krank“ gewe­sen wäre. Er hatte sich kurz nach der Tat erschos­sen.
Es sind die belieb­tes­ten Vorur­teile, die nach solchen Gewalt­ta­ten verbrei­tet werden: Entwe­der war es ein Flücht­ling = Isla­mist = Terro­rist, oder eben ein psychisch Kran­ker. Behör­den und Medien spie­len da munter mit, eine Diffe­ren­zie­rung gibt es kaum.

Dass es in Deutsch­land abge­se­hen von kriegs­trau­ma­ti­sier­ten Flücht­lin­gen geschätzt 5 bis 6 Millio­nen Menschen gibt, die an einer psychi­schen Krank­heit leiden, inter­es­siert dabei nicht. Viele Menschen kommen auch einfach nicht mit den Verhält­nis­sen in ihrem Leben klar, was kein Wunder ist, bei all den Anfor­de­run­gen, denen man gerecht werden soll, bei Einsam­keit, bei Kata­stro­phen­mel­dun­gen in den Medien. Noch vor eini­gen Jahren wurden Leute auch als „verrückt“ bezeich­net, wenn sie sich nicht anpas­sen woll­ten oder konn­ten, wenn sie sich nicht an bestimm­ten Konven­tio­nen hiel­ten, wenn sie für die Gesell­schaft nicht verwert­bar waren. Heute nennt man sie „psychisch krank“, aber es ist das glei­che. Auch Depres­sio­nen, Burn­out, Phobien und auch Trau­mata sind weit verbrei­tet. Trotz­dem werden sie zur Stig­ma­ti­sie­rung der Betrof­fe­nen genutzt, so dass sich diese Kran­ken viel­leicht noch weni­ger trauen, sich zu offen­ba­ren und Hilfe zu suchen. Wer will schon als poten­zi­el­ler Atten­tä­ter daste­hen, der aufgrund seiner Krank­heit Amok läuft? Nicht anders ergeht es ja den vielen hundert­tau­sen­den Asyl­su­chen­den, denen eben­falls pauschal alles Böse unter­stellt oder wenigs­tens zuge­traut wird.

Natür­lich können bestimmte psychi­sche Krank­hei­ten ein irra­tio­na­les Verhal­ten auslö­sen, bis hin zu Gewalt gegen andere oder sich selbst. So wie es auch gefähr­li­che Flücht­linge gibt. Doch in beiden Fällen sind dies winzige Minder­hei­ten, die in keiner Weise zu verall­ge­mei­nern sind.

Genau dies aber hat die Poli­zei von Müns­ter getan, so vorschnell, wie sie das Urteil gespro­chen hat. Es ist ein Spiel mit dem Feuer, denn es kann zur Ableh­nung von psychi­schen kran­ken Menschen führen. So wie schon gesche­hen, als in Berlin Anwoh­ner gegen die Errich­tung eines Hauses mit psych­ia­tri­schen Wohn­ge­mein­schaf­ten demons­trier­ten.
Anstatt den Menschen zu helfen, die aus verschie­de­nen Grün­den unser Mitge­fühl und unsere Unter­stüt­zung brau­chen, werden sie stig­ma­ti­siert. Unab­hän­gig davon, ob sie tatsäch­lich eine Gefahr darstel­len oder nicht.

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Wenn aus Kreuz­berg und Fried­richs­hain ein einzi­ger Bezirk wird — viel­leicht heißt er Ober­baum -, dann bedeu­tet das, dass eine Grenze wegfällt. Eine poli­ti­sche Trenn­li­nie wird gestri­chen. Linie sagt man. Weil man sich Karten vorstellt. […]

4 Kommentare

  1. Hallo Michael, in diesm Bericht (s. Link unten) ist kurz darge­stellt, warum es so zu diesem Gesetz­ent­wurf kam, quasi eine Verket­tung unglück­li­cher Umstände. Es bleibt die Hoff­nung, dass es noch etwas “entschärft” wird. Gegen das geplante neue Poli­zei­auf­ga­ben­ge­setz gab es bayern­weit schon einige größere Demos. Söder versucht wohl vor der Land­tags­wahl möglichst viel durch­zu­brin­gen, von dem er sich Wähler­stim­men verspricht und wenn die Stim­mung in der Bevöl­ke­rung, die beiden Gesetze betref­fend, zuneh­mend dage­gen sein sollte, wird er einlen­ken — hoffe ich…
    https://www.br.de/nachrichten/wie-sich-die-csu-mit-dem-psychisch-krankenhilfe-gesetz-quaelt-100.html

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