Staatliche Kindesentziehung [Update]

Das Kinderzimmer ist seit einem Jahr voll eingerichtet.

Arti­kel vom 24. Juni 2018:
Es gibt viele Kinder, die von ihren Eltern geschla­gen werden. Das ist schlimm und es ist wich­tig, dass die Jugend­äm­ter da genau hinschauen und eingrei­fen. Viel zu oft tun sie es leider nicht. Aber es gibt auch das Gegen­teil und dies ist nicht weni­ger schlimm für die Kinder und die Eltern.

Ein solcher Fall ist der von Sandra aus Berlin. Sie ist mit über 30 Jahren sicher nicht mehr so sprung­haft wie eine Jüngere und als sie vor zwei Jahren ihre Toch­ter Sarah (Name geän­dert) bekam, war auch alles gut. Außer, dass sie noch immer in der Wohnung neben ihrer sehr domi­nan­ten Mutter wohnte, die die Kontrolle über Toch­ter und Enke­lin behal­ten wollte.
Vor einem Jahr lernte Sandra einen Mann kennen, zog einige Monate später zu ihm in die Wohnung. Die Entschei­dung fiel so schnell, weil sie groß­flä­chi­gen Schim­mel­be­fall in ihrer Wohnung entdeckt hatte. Und auch, weil sie so endlich aus der Umklam­me­rung ihrer Mutter entflie­hen konnte.

Mit dem Umzug schal­tete die Oma auf Konfron­ta­tion. Die gesamte Fami­lie wurde mit einbe­zo­gen, Sandra wurde bei allen schlecht­ge­macht. Auch dass sie sich mit ihrem neuen Freund in einer evan­ge­li­schen Frei­kir­che enga­giert wurde ihr zum Vorwurf gemacht. Schon bald wollte niemand mehr mit ihr etwas zu tun haben.

Dann kamen die Weih­nachts­tage. Im Kinder­gar­ten geriet Sarah mit einem ande­ren Mädchen anein­an­der, sie klopp­ten sich um ein Spiel­zeug, wobei sie einige blaue Flecken abbe­kam. Einen Tag später lief sie durch die für sie neue Wohnung. Einen Moment passte Sandra nicht auf, als das Mädchen an einen noch heißen Herd fasste. Schnell bilde­ten sich Brand­bla­sen, Sandra und ihr Freund fuhren sofort mit Sarah ins Kinder­kran­ken­haus der Charité im Wedding. Die Ärzte dort alar­mier­ten das Jugend­amt und die Poli­zei, weil sie eine Vernach­läs­si­gung des Mädchens befürch­te­ten.

Natür­lich hätte Sandra oder ihr Freund besser aufpas­sen müssen, aber alle, die selber Kinder haben wissen, dass eine lücken­lose Über­wa­chung kaum möglich ist. Zumal die beiden erst noch dabei waren, die Wohnung kinder­ge­recht umzu­bauen, sie also siche­rer zu machen. Doch auch die Häma­tome von der Ausein­an­der­set­zung im Kinder­gar­ten wurden als Hinweis für eine Miss­hand­lung gedeu­tet. Die Mitar­bei­te­rin­nen im Kinder­gar­ten strit­ten die Klop­pe­rei von Sarah und dem ande­ren Mädchen gegen­über dem Jugend­amt ab, während sie im klei­nen Kreis zuga­ben, dass es sie gege­ben hatte.

Nun begann die “Kinder­schutz­ma­schine” anzu­lau­fen. Mitar­bei­ter des Jugend­amts wurden zum Dauer­gast in der gemein­sa­men Wohnung, es gab eine Befra­gung durch die Poli­zei, Psycho­lo­gen beschäf­tig­ten sich mit Mutter und Toch­ter. All das ist ja ok, wenn ein Verdacht auf Miss­hand­lung vorliegt. Aber es sollte auch zu einem vernünf­ti­gen Ergeb­nis führen. Das tat es jedoch in diesem Fall nicht.

Als Sarah im Februar krank wurde und nichts mehr essen wollte, riet der Arzt dazu, sie zur Essens­auf­nahme zu zwin­gen. Damit war natür­lich keine Gewalt gemeint, aber Sandra sollte sich gegen ihre Toch­ter durch­set­zen. Der Freund hielt nun Sarah den Mund auf, während Sandra sie fütterte. Dabei entstan­den erneut Häma­tome, die kurz danach einer Besu­che­rin des Jugend­am­tes auffie­len.

Alle Erklä­run­gen nutz­ten nichts: Am 2. März wurde Sarah aus der Wohnung geholt und in eine Kinder­wohn­ein­rich­tung in Lich­ten­rade gebracht. Der Mutter wurde zuge­stan­den, ihre Toch­ter zwei­mal pro Woche für je 1 ½ Stun­den zu besu­chen, jedoch nur unter Aufsicht. Versu­che, mit dem Mädchen zu Kinder­fes­ten oder dem Sommer­fest des Kinder­gar­tens zu gehen, wurden unter­bun­den. Als Begrün­dung wurde ange­führt, dass das Kindes­wohl nicht gesi­chert sei. Dabei haben sich Sandra und ihr Freund längst weiter­ge­bil­det, besuch­ten einen Erste-Hilfe-Kurs für Babys und Klein­kin­der. Und auch die Wohnung wurde kinder­ge­recht ausge­stat­tet, viele Sicher­heits­maß­nah­men wurden instal­liert, Sarah hat ein eige­nes, großes Zimmer.

Es ist nicht unge­wöhn­lich, dass Kinder blaue Flecken krie­gen. Sandra und ihrem Freund wird dies aber vorge­wor­fen, es wird die Behaup­tung aufge­stellt, sie würden das Mädchen miss­han­deln.
Doch schon im März wies Sarah erneut neue Häma­tome auf, die sie sich dies­mal jedoch in der Wohn­ein­rich­tung zuge­zo­gen hat. Merk­wür­dig nur, dass diese ganz anders inter­pre­tiert werden, dies­mal wurde nicht der Verdacht einer Miss­hand­lung erho­ben. Und noch schlim­mer: Sandra foto­gra­fierte diese Flecken und stellte die Fotos dem Jugend­amt zur Verfü­gung — dort aber sind sie angeb­lich nicht mehr aufzu­fin­den.

Immer wieder kamen paral­lel dazu Hinweise von Sandras Mutter, sie könne alles sofort rück­gän­gig machen, wenn sie wieder zurück­kä­men. Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Oma einen etwas zu guten Draht zum Jugend­amt hat, wenn sie so etwas behaup­ten kann.

Mitt­ler­weile sind vier Monate vergan­gen. Sarah wohnt noch immer in der Einrich­tung und das Jugend­amt weigert sich, sie wieder frei­zu­las­sen. Sie wollen Sandra das Kind dauer­haft wegneh­men, obwohl es keine nach­voll­zieh­ba­ren Hinweise auf eine Miss­hand­lung gibt. So drohen sie auch damit, Sandra durch das Fami­li­en­ge­richt die Erzie­hungs­be­rech­ti­gung entzie­hen zu lassen.

Alter­na­tiv bieten sie ihr an, erst­mal für ein Jahr in ein Mutter-Kind-Heim zu ziehen. Dies würde aber die junge Fami­lie ausein­an­der­rei­ßen und sie müss­ten auch ihre rela­tiv güns­tige Wohnung in Moabit aufge­ben. Zumal sie das große Glück haben, in der Nähe einen Kinder­gar­ten­platz ergat­tert zu haben.

Sandra und ihr Freund wollen sich mit der Will­kür des Jugend­amts nicht abfin­den. Sie haben einen Rechts­an­walt beauf­tragt, der nun Anzeige gegen das zustän­dige Jugend­amt wegen Kindes­ent­zie­hung gestellt hat. Vermut­lich wird es also zu einem Gerichts­ver­fah­ren kommen.

Das alles wird ohne Not auf dem Rücken der klei­nen Sarah ausge­tra­gen, die erst von ihrer alten Wohnung in die neue gezo­gen ist und einige Monate später dort raus­ge­holt wurde. Sie musste sich zwei­mal an eine neue Umge­bung gewöh­nen, auch an neue Bezugs­men­schen und an die Tren­nung von ihrer Mutter.

Das Gesetz spricht davon, dass es in erster Linie um das Wohl des Kindes geht. In diesem Fall aber hat man eher den Eindruck, das Jugend­amt will ein Exem­pel statu­ie­ren. Unter­stützt von einer frag­wür­di­gen Psycho­lo­gin aus der Wohn­ein­rich­tung sowie der Groß­mutter, die wiederum ihre eige­nen Inter­es­sen verfolgt. Ich kenne Sarah, Sandra und ihren Freund. Und ich weiß, dass an den Vorwür­fen nichts dran ist. Das Vorge­hen des Jugend­am­tes ist für mich unver­ständ­lich.

Update am 14. Dezem­ber 2018:
Gestern hat Sandra ihr zwei­tes Baby bekom­men. Heute Vormit­tag sind Vertre­ter vom Jugend­amts Mitte im Kran­ken­haus erschie­nen und haben ihr auch dieses Kind wegge­nom­men. Wieder mit der Begrün­dung, das Kinds­wohl sei gefähr­det.
Es ist ein Skan­dal, nicht mehr nach­voll­zieh­bar und nicht zu akzep­tie­ren, wie unmensch­lich das Jugend­amt vorgeht und syste­ma­tisch eine Fami­lie zerstört. Während anderswo Kinder in ihren Eltern­häu­sern halb­tot geschla­gen werden können und das Jugend­amt sich mit Perso­nal­not raus­re­det, wird hier mit der Keule auf eine funk­tio­nie­rende Fami­lie einge­schla­gen. Wenn das so weiter­geht, gibt es noch eine Kata­stro­phe.

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8 Kommentare

  1. Moin, moin,
    für mich ist ein Jugend­amt in erster Linie eine Hilfe- und Bera­tungs­ein­rich­tung. Erst ganz am Ende steht die Eingriffs­ver­wal­tung.
    Jetzt stellt sich die Frage, was ist da passiert? Hat das Amt tatsäch­lich einen Teil des Sorge­rechts auf sich über­ge­lei­tet? Insbe­son­dere evtl. das Aufent­halts­be­stim­mungs­recht? Das funk­tio­niert nicht ohne rich­ter­li­chen Beschluss.
    Weiter­hin ist meine Erfah­rung, dass auch der Kosten­druck im Jugend­amt eine Rolle spielt. Eine Fremd­un­ter­brin­gung kostet viel, viel Geld. Das führt dazu, dass es viele hohe Hürden gibt, bevor eine Fremd­un­ter­brin­gung erfolgt.
    Nach deiner Schil­de­rung wäre die Unter­brin­gung sicher­lich sehr verfrüht erfolgt. In den Akten des Amtes steht wohl eini­ges anders und mehr. DAs ist dann auch nicht erfun­den oder so.
    Ich bin fast 30 Jahre im Bereich “Sozia­les” tätig. In dieser Zeit ist die Hürde zur Fremd­un­ter­brin­gung insbe­son­dere durch Recht­spre­chung immer höher gelegt worden. Inso­fern erlaube mir, dass ich hier kritisch bleibe. Ich arbeite übri­gens nicht bei einer Behörde sondern bei einer unab­hän­gi­gen Bera­tungs­stelle. Und es geht immer um das Kindes­wohl!
    Gruß Frank

  2. Bei dem Gerichts­ter­min wurde verein­bart, dass die Eltern mit dem Kind für ein Jahr in ein Mutter-Vater-Kind-Heim gehen und das Jugend­amt in der Zeit die Wohnung weiter bezahlt.
    Trotz­dem hat das Amt jetzt verfügt, dass sie für 3 bis 4 Jahre in ein Heim in Bran­den­burg müssen und die Wohnung nicht bezahlt wird. Das bedeu­tet, dass sie nicht nur in einem unbe­kann­ten Umfeld leben müssen, wo sie nieman­den kennen und danach ohne Wohnung daste­hen. In Berlin dann wieder eine passende Wohnung zu finden, ist prak­tisch aussichts­los.
    Die Dame vom Jugend­amt hat sich bei einem Tref­fen auch verplap­pert und unfrei­wil­lig bestä­tigt, dass die Oma hinter diesen Maßnah­men steckt. Die Oma hatte schon bei Sandras Auszug gesagt, sie werde dafür sorgen, dass sie nie wieder glück­lich wird.
    Wie es aussieht, schafft sie das.

  3. Sandras Mutter müsste man auch mal an den Bran­ger stel­len, doch wir leben nicht im 1500 Jahrhun­tert da reicht es wen man Hexe rief und es gab ein nettes Feuer !

  4. Hallo Aro,
    aus der Distanz kann ich Details schwer beur­tei­len. Auch ich kenne Fälle, bei denen hat das Jugend­amt ein Kind aus der Mu-Ki-Einrich­tung in Obhut genom­men. Dass geschah dann meist sogar auf Hinweis der Einrich­tung, da trotz der Betreu­ung das Kindes­wohl gefähr­det schien.
    Die Aussage eine Verwand­ten aus unkla­ren Moti­ven können Ämter eigent­lich gut sortie­ren.
    Und wie schon beschrie­ben, es entschei­den am Ende Gerichte! Auch das ist sicher­lich nicht immer gerecht, aber einer Will­kür ist da eine hohe Grenze gesetzt.
    Gruß FRank

    • Leider ist es in diesem Fall anders. Die Oma ist eben eine “alte Kolle­gin”, die Menschen sehr gut mani­pu­lie­ren kann.
      Ein Gerichs­ter­min ist erst im Früh­jahr, dann ist Sarah schon ein Jahr nicht mehr bei ihrer Mutter.

  5. Gestern hat Sandra ihr zwei­tes Baby bekom­men. Heute Vormit­tag sind Vertre­ter vom Jugend­amts im Kran­ken­haus erschie­nen und haben ihr auch dieses Kind wegge­nom­men. Wieder mit der Begrün­dung, das Kinds­wohl sei gefähr­det.
    Es ist ein Skan­dal, nicht mehr nach­voll­zieh­bar und nicht zu akzep­tie­ren, wie unmensch­lich das Jugend­amt vorgeht und syste­ma­tisch eine Fami­lie zerstört.

  6. Auf der einen Seite kennen wir unsere Menschen oft nicht wirk­lich. Das Talent zum Thea­ter­spie­len darf niemals unter­schätzt werden — beson­ders bei Abhän­gi­gen.

    Aber dass gute Bezie­hun­gen zu Ämtern und Behör­den hilf­reich sind um die Wahr­heit zu verschlei­ern habe ich selbst auch schon zwei­mal erlebt. Mir fiel der Unter­kie­fer runter als ich bemerkte wie leicht sich die Poli­zei, Anwälte, Staats­an­wälte bis hin zu Rich­tern mani­pu­lie­ren lassen wenn der Chor­ge­ist im Spiel ist. Da halten alle zusam­men wie Pech und Schwe­fel, wahr­schein­lich im Wissen über die schwer­fäl­li­gen Struk­tu­ren unse­rer Justiz und deren Arbeits­weise. Da hatte ich keine Chance. Auch Anwäl­ten wird so etwas meist zu kompli­ziert, so dass sie sofort kapi­tu­lie­ren. Auch die wollen keine kompli­zier­ten Sachen für wenig Lohn haben. In meinem Fall wurde einfach kurzer Prozess gemacht und mir ziem­lich offen und dreist ange­deu­tet, dass es auch bei einem Wider­spruch nicht anders ausge­hen würde.

    Deutsch­land eine Bana­nen­re­pu­blik? Ach Quatsch!

    Pech und Schwe­fel kleben dann an den Opfern die das dann aushal­ten müssen. Zu diesem Fehl­ur­teil kommen dann oft auch noch Selbst­vor­würfe dazu, wie man es hätte besser machen können/müssen. Ein furcht­ba­rer Zustand, diese Macht­lo­sig­keit. Bei mir kam noch das Froh­lo­cken der Gegen­par­tei hinzu, die offen die Freude zeigte wie gute ihre Seil­schaf­ten funk­tio­niert hatten.

    Im geschil­der­ten Fall baden dies tatsäch­lich am meis­ten die Kinder aus. Wie soll ihr Leben verlau­fen nach so einem Start? Jugend­amt schämt Euch.

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