Die Polizei

Es gab Zeiten, da waren Poli­zis­ten für mich einfach nur Bullen. Ich habe sie aus tiefs­ter Über­zeu­gung und tausend Grün­den gehasst, und nicht alle davon waren unbe­grün­det. Manche gelten bis heute, aller­dings ist mein Verhält­nis zur Poli­zei mitt­ler­weile entspann­ter. Ich habe aber die vielen Atta­cken gegen mich nicht verges­sen: Wie sie mich verprü­gelt haben, weil sie das vermu­tete Mari­huana nicht gefun­den haben. Wie sie einem Freund bei einer Häuser­räu­mung in die Beine geschos­sen haben. Wie sie mich auf einer Wache in der Bismarck­straße eine Treppe hinun­ter­ge­sto­ßen haben. Oder wie sie in eine abge­sperrte Sammel­zelle ohne Lüftung Tränen­gas gewor­fen haben. Aber ich war ja auch nicht besser zu ihnen. Knüp­pel, Steine, zertrüm­merte Auto­schei­ben, einige von ihnen habe ich auch verletzt.

Aber es war nicht alles unbe­rech­tigt. Mein Schlüs­sel­er­leb­nis hatte ich am 4. Juni 1980, bei der Räumung des Wider­stands­dorfs in Gorle­ben. Mit Baggern fuhren sie unsere Hütten und Zelte platt, teil­weise ohne vorher nach­zu­se­hen, ob noch jemand drin ist. Sie stürz­ten einen Turm um, in dem in 15 Metern Höhe noch Menschen waren, die sich dort ange­ket­tet hatten. Ein Jahr später trie­ben sie in Berlin Demons­tran­ten in den fahren­den Verkehr, einer von uns wurde vom Bus über­fah­ren und getö­tet. Damit waren die Fron­ten klar und es war kaum zu erwar­ten, dass sich daran etwas ändert.

Dass es heute anders ist, liegt an beiden Seiten. Zwar gibt es noch immer unge­recht­fer­tigte Poli­zei­ge­walt und viele von denen sind auch bei jeder Gele­gen­heit gehäs­sig und lassen den Macker raus­hän­gen. Trotz­dem ist es nicht mehr so extrem wie damals. Ein Unter­schied ist auch, dass vieles von der Poli­zei­füh­rung und dem Innen­se­nat nicht mehr gedeckt wird. Korrupte oder grund­los prügelnde Poli­zis­ten müssen heute damit rech­nen, zur Rechen­schaft gezo­gen zu werden, was früher prak­tisch ausge­schlos­sen war. Natür­lich gibt es die Rambos immer noch, aber sie sind nicht mehr so bestim­mend.

Auch ich habe mich verän­dert. Heute weiß ich, dass Gewalt in der poli­ti­schen Arbeit nichts zu suchen hat und dass man nicht auto­ma­tisch jeman­den angrei­fen sollte, nur weil er Poli­zist ist. Dazu kommt, dass ich auch im Ausland Erfah­run­gen gemacht habe, die im Vergleich mit Deutsch­land extreme Unter­schiede aufzei­gen. Die Poli­zei in Indien habe ich mit Peit­schen zuschla­gen sehen, weil ein paar Leute auf der Straße  fried­lich Paro­len geru­fen und Flug­blät­ter verteilt haben. Italie­ni­sche Cara­bi­nieri hat mich an der Auto­bahn­auf­fahrt zusam­men­ge­schla­gen, weil ich nicht sofort wegge­gan­gen bin, als sie es mir befoh­len haben. Dage­gen ist das hier rich­tig fried­lich.
Ein wirk­lich gutes Verhält­nis werde ich zur Poli­zei aber wohl nie haben. Männer mit Knar­ren konnte ich eben noch nie leiden.

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