Der Borsigsteg wurde 1904–1906 als Fußgängerbrücke über die Spree errichtet und stellte eine Verbindung her zwischen Dortmunder und Flensburger Straße bzw. zwischen dem Moabiter Industriegebiet (um die heutige Essener Straße herum) und dem schnell wachsenden Arbeiter-Wohnviertel am Schleswiger Ufer sowie dem Bahnhof Bellevue, der seit 1882 in Betrieb war. Es handelte sich um eine Eisenfachwerk-Balkenbrücke in Hängekonstruktion mit monumentalen steinernen Portalen über den Pylonen; gusseiserne Laternen und Kandelaber im Jugendstil waren weiterer Brückenschmuck.
Der Steg wurde zwischen März und Mai 1945 von deutschen Wehrmachtsangehörigen im Rahmen des Befehls zur Zerstörung der deutschen Infrastruktur („Nerobefehl“) zerstört. Das Wasserhindernis mitsamt den Pylonen wurde 1947 beseitigt, erhalten blieben nur Widerlagerreste der Brücke auf beiden Uferseiten. Pläne für einen Wiederaufbau der Fußgängerbrücke sind nicht bekannt, zumal zwischen Spree und Flensburger Straße inzwischen die Hansa-Grundschule erbaut wurde.
Zur Erinnerung an die Brücke gab es seit den 1950er Jahren in dem denkmalgeschützten Wohnhaus (erbaut ca. 1906) Ecke Bundesratufer / Dortmunder Straße eine Kneipe „Zum alten Borsigsteg“, die ungefähr 10 Jahre wegen Renovierungsbedarf geschlossen war. Seit 2016 befindet sich dort eine Physiotherapeutische Praxis.
Der Name der Kneipe über dem Eingang blieb erhalten und erinnert daran, dass sich in diesem ruhigen Wohngebiet einst einer der größten Industriebetriebe Berlins befand.
Der Neubau auf der gegenüberliegenden Straßenseite bekam wieder (wie vor dem Krieg) eine abgeschrägte Hausecke und beherbergt heute die Buchkantine – ein Buchladen mit gemütlichem Café-Betrieb.
Von dort fällt der Blick zur Spree auf jene Treppen zum Uferweg hin, die den Standort des alten Borsigstegs bis heute zeigen.
Zainab A. Müller
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