Kollege oder Konkurrent?

So rich­tig klar ist das Verhält­nis ja nicht: Manche Taxi­fah­rer sehen sich gegen­sei­tig als Konkur­ren­ten im Kampf um den Fahr­gast, andere sind in erster Linie Kolle­gen. Wahr­schein­lich stimmt beides.
Habe ich einen Fahr­gast zum Flug­ha­fen Tegel gebracht und fahre leer in Rich­tung City West, kann ich sicher sein, dass vor und hinter mir eben­falls leere Taxis fahren. Manch­mal fährt eines recht lang­sam, ich über­hole es dann und ab und zu kommen darauf­hin böse Reak­tio­nen. Eigent­lich ist das kein Problem, denn auf dem Weg vom Flug­ha­fen fährt man erst ein Stück­chen über die Auto­bahn, dann Rich­tung Jakob-Kaiser-Platz und dahin­ter den Tege­ler Weg runter. Auf diesen etwas mehr als drei Kilo­me­tern Stre­cke hat mich noch nie ein Fahr­gast gewun­ken, warum also soll­ten alle leeren Taxis dort brav im Gänse­marsch hinter­ein­an­der her fahren? Manche Taxler aber beschimp­fen einen gleich als Kolle­gen­schwein, obwohl man ja sicher nieman­dem einen Fahr­gast “wegnimmt”. Man wird als unfai­rer Konkur­rent ange­se­hen, der sich nicht an die Spiel­re­geln hält.
Dabei gibt es wirk­lich die rück­sichts­lo­sen Kolle­gen, die versu­chen, andere zur Seite zu drän­gen, was ich selber schon öfter erlebt habe. Sie sehen die ande­ren nur als ihre Gegner.
Aber dann sind da auch die ande­ren Erleb­nisse: Vor eini­gen Mona­ten wurde ich von einem Fahr­gast bedroht. Es war nicht sehr gefähr­lich, aber weil ich nicht wusste wie es weiter­geht, bat ich über Funk um Unter­stüt­zung. Inner­halb einer Minute waren mehrere Kolle­gen vor Ort, zwei blie­ben auch bis zum Eintref­fen der Poli­zei bei mir, stän­dig kamen weitere, die noch schau­ten, ob alles klar ist. Ich fühlte mich beschützt und freute mich über die Kolle­gia­li­tät. Ein ande­res Mal hatte ich in einem Außen­be­zirk Ärger, weil ein Fahr­gast nicht zahlen wollte. Mitten in der Taiga hielt plötz­lich ein Kollege neben mir und fragte, ob irgend­was los sei. Er hatte mich dort stehen sehen und wollte einfach nur nach dem rech­ten sehen.
Auch über Funk, wenn man z.B. ein bestimm­tes Restau­rant oder Hotel nicht kennt, finden sich immer Kolle­gen, die einem weiter­hel­fen. In diesen Momen­ten denke ich, dass die Kolle­gia­li­tät doch ganz gut ist — solange man für den Umsatz der ande­ren keine Gefahr darstellt.
Viel­leicht ist es aber auch nur die Berli­ner Menta­li­tät, die hier durch­bricht: Viele sind erst­mal muffig und gran­tig, aber wenns drauf ankommt, haben sie doch ein großes Herz.

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Zufallstreffer

1 Kommentar

  1. Tatsäch­lich ist die Spiel­re­gel, dass keine freie Taxe eine andere freie über­holt. Und ich finde, das kann auch ab Tegel gelten. Sicher, es sind mach­mal drei freie auf einmal Rich­tung Tege­ler Weg, aber ich habe da schon Winker gehabt und finde auch da sollte die Regel gelten. Wobei ein Kollege mit Tempo 38,7km/h dann viel­leicht doch mal über­holt werden kann…

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