Die Extremisten und die Gewalt

Gleich zwei anti­se­mi­ti­sche Vorfälle gab es in den vergan­ge­nen Tagen in Berlin. Vergan­gene Woche wurde in Frie­denau ein Rabbi verprü­gelt, vorges­tern traf es eine Gruppe jüdi­scher Mädchen, die in Char­lot­ten­burg bedroht wurden. In beiden Fällen wird davon ausge­gan­gen, dass türkisch- oder arabisch­stam­mäige Jugend­li­che die Täter waren. Die Islam­has­ser wird das freuen, liefern ihnen diese Angriffe doch neue Muni­tion für ihre rassis­ti­sche Propa­ganda. Dabei ist nicht der Islam das Problem, sondern der Funda­men­ta­lis­mus, der besagt, dass nur die eigene Meinung oder Reli­gion zu akzep­tie­ren ist — alles andere wird bekämpft, auch mit Gewalt.
Darin unter­schei­den sich diese Täter nicht von den poli­ti­schen Extre­mis­ten, von den Rassis­ten der NPD, von den christ­li­chen Funda­men­ta­lis­ten. Und auch nicht von den jüdi­schen Radi­ka­len, die in Israel den Arabern jede Exis­tenz­be­rech­ti­gung im eins­ti­gen Paläs­tina abspre­chen und sie entspre­chend behan­deln.
Die Argu­mente, die Fassade ist austausch­bar. Dahin­ter steckt ein nicht zu akzep­tie­ren­der Hass, der auch die Anwen­dung von Gewalt mit einbe­zieht. Die mosle­mi­schen Jugend­li­chen haben diesen Hass vermut­lich schon von ihren Eltern oder reli­giö­sen Erzie­hern indok­tri­niert bekom­men. Sie kennen es oft gar nicht anders und deshalb ist die Ableh­nung von Juden- und Chris­ten­tum für sie völlig normal. So normal, dass sie sich ein gleich­be­rech­tig­tes Neben­ein­an­der gar nicht vorstel­len können. So war es wohl auch beim norwe­gi­schen Atten­tä­ter Anders Behring Brei­vik, dessen Denken genauso verengt ist.
Da vermengt sich der polit­li­sche und reli­giöse Fana­tis­mus. Manche Islam­has­ser respek­tie­ren das Juden­tum, andere sehen in ihm den Haupt­feind der Mensch­heit. Einst ließen sich die Neona­zis der Wehr­sport­gruppe Hoff­mann und Kämp­fer der RAF im Nahen Osten mili­tä­risch ausbil­den — von den glei­chen Paläs­ti­nen­sern, die Anschläge gegen Israel ausführ­ten. Und auch in Berlin waren es Links­extre­mis­ten, die mit einer Bombe das Jüdi­sche Gemein­de­haus in der Fasa­nen­straße spren­gen woll­ten.

Rechte, linke, mosle­mi­sche, jüdi­sche und christ­li­che Extre­mis­ten versu­chen jeweils, nur ihre eigene Welt­sicht durch­zu­set­zen und kämp­fen mit allen Mitteln dafür. Deshalb sind solche Angriffe wie in den letz­ten Tagen austausch­bar. Die Täter hätten auch andere sein können. Und sie hätten auch andere Opfer tref­fen können, wie die wieder­hol­ten Angriffe auf schwule Männer in Schö­ne­berg zeigen.

Und dann gibt es noch die ande­ren, die von manchen als Gutmen­schen bezeich­net werden und einen soge­nann­ten posi­ti­ven Rassis­mus pfle­gen. Für die sind alle Immi­gran­ten, alle Juden, alle Homo­se­xu­elle, per se auto­ma­tisch gut. Sie fragen bei den Sala­fis­ten nach, ob sie einen Koran bekom­men können und regen sich danach im Fern­se­hen auf, weil sie keinen erhal­ten — mit der Begrün­dung, sie wären Frauen und der Kontakt sei nicht erlaubt. Das machte sie (Zitat:) “sehr, sehr trau­rig”. Aber wo lebt Ihr denn? Nur weil Muslime auch Opfer von Rassis­mus sind, sind sie doch nicht auto­ma­tisch gute Menschen!
Es fällt mir schwer, ruhig zu blei­ben, wenn ich solche Recht­fer­ti­gun­gen höre: “Weil sich Migran­ten­kin­der aus der Gesell­schaft ausge­schlos­sen fühlen, muss man ihre Reak­tion verste­hen.” Gemeint ist aber nicht verste­hen, sondern akzep­tie­ren. Und nein, das muss man nicht! Niemand hat das Recht, andere Menschen zu belei­di­gen oder körper­lich anzu­grei­fen, nur weil man selber Opfer solcher Erfah­run­gen war. Ich selber bin mehr­mals ange­grif­fen worden, als ich mit einem Freund in Kreuz­berg Hand in Hand gelau­fen bin. Und die Täter waren immer türki­scher oder arabi­scher Herkunft. Trotz­dem mache ich dafür nicht die gesam­ten Immi­gran­ten in Berlin dafür verant­wort­lich, sondern nur die tatsäch­li­chen Täter.

Ich bin kein welt­frem­der Träu­mer, der darauf hofft, dass sich irgend­wann alle Menschen ganz lieb haben und wir ein einig Land von guten Menschen werden. Aber was ich möchte ist, dass sich die Gesell­schaft irgend­wann einig darin ist, dass gewalt­tä­tige Extre­mis­ten, gleich welcher Ausrich­tung, nicht akzep­tiert werden. Ich kann auch nicht verste­hen, wieso viele Demo­kra­ten, auch linke, bei Demons­tra­tio­nen gegen Neona­zis gleich­zei­tig Auto­nome in ihren Reihen tole­rie­ren. Links­au­to­nome Anti­fas, die sich in ihrer Propa­ganda, in ihrer Gewalt­be­reit­schaft, in ihrem Auftre­ten gegen Anders­den­kende, in ihrer Into­le­ranz kaum von den Nazis unter­schei­den, werden von manchen Demo­kra­ten förm­lich hofiert. Es ist wie in dem Roman “Bieder­mann und die Brand­stif­ter” von Max Frisch: Man sieht die hass­erfüll­ten Drohun­gen dieser Leute, aber nimmt sie nicht ernst. Bis es zu spät ist.
Nicht die Linken sind die Feinde unse­rer Gesell­schaft, auch nicht die Muslime oder andere, die ihre eige­nen Wege gehen. Sondern dieje­ni­gen Extre­mis­ten, die uns eine Dikta­tur aufzwin­gen wollen, weil sie die Frei­heit der Menschen nicht respek­tie­ren.

print

Zufallstreffer

Weblog

Innen

Begon­nen hat es Ende der 70er Jahre, als in der Bundes­re­pu­blik der Femi­nis­mus modern wurde. Vor allem in den 80ern gab es dann manche Auswüchse, die teil­weise bis heute nach­wir­ken.Es war die Taz, die damit […]

6 Kommentare

  1. Hallo Aro,
    deinen Ausfüh­run­gen zu Gewalt, Funda­men­ta­lis­mus, Extre­mis­mus und Into­le­ranz kann ich mich voll umfäng­lich anschlie­ßen.
    Ich kann aller­dings nicht leug­nen, in meiner Sturm und Drang­zeit durch­aus mit Haus­be­set­zern sympa­thi­siert zu haben. Wenn es da nicht immer wieder schwere Krawalle gege­ben hätte, wäre die breite Bevöl­ke­rungs­masse nie auf das Speku­lan­ten­pro­blem aufmerk­sam gewor­den. Leider hat hier auch oder sogar erst Gewalt gehol­fen, das Thema dann auch poli­tisch in andere Bahnen zu lenken.
    Was da heute so an Stamm­ti­schen zu Migran­ten gleich welcher Herkunft abgeht, ist aber abso­lut kata­stro­phal. Ich habe bloß über­haupt keine Idee, wie wir das Problem lösen können.
    Auch ist es natür­lich rich­tig, dass auch Muslime krimi­nell werden. Drän­gen wir aber nicht immer mehr Menschen in diese Schat­ten­welt in dem wir den Zugang zu lega­lem Tun verbauen?
    Gruß Frank

  2. “Drän­gen wir aber nicht immer mehr Menschen in diese Schat­ten­welt”
    Wen meinst Du denn mit “wir”?
    Ich habe in meinem Bekann­ten­preis einige Migran­ten, Einge­wan­derte und Hier­ge­bo­rene, die sicher nicht loszie­hen und Juden oder “Kartof­feln” angrei­fen. Letzt­end­lich wird ja niemand dazu gezwun­gen, andere Menschen zu bedro­hen. Ich lasse da auch nciht die punk­tu­elle Benach­tei­li­gung gelten, sie gibt nieman­dem das Recht, auf die glei­che Art zu reagie­ren.

    Was Du über die Gewalt in der 80er-Jahre-Haus­be­set­zun­gen geschrie­ben hast, stimmt schon. Ziel der Gewalt waren aber sog. Symbole des Systems, nicht Menschen.

  3. Hallo Aro,
    mit “wir” meine ich schon die Gesell­schaft. Leider kann ich mich dabei nicht ganz ausschlu­ie­ßen, da auch ich meine frühe­ren Akti­vi­tä­ten in der Bege­li­tung von Asyl­be­wer­bern und ‑berech­tig­ten zu Guns­ten eines Privat­le­bens einge­stellt habe und nicht mehr wirk­lich aktiv zur Inte­gra­tion beitrage.
    Ich will da übri­gens nix schön­re­den, Verste­hen heißt bei mir immer noch Prozesse erken­nen und erklä­ren zu können. Das heißt aber nicht Tole­rie­ren oder gar Akzep­tie­ren.
    Bei der Gewalt­frage gege­gen “Staats­sym­bole” muss ich heute selbst­kri­tisch einräu­men, dass viele dieser Symbole Menschen waren und sind.
    Aus heuti­ger Sicht war das eben auch nicht korrekt.
    Gruß Frank

  4. Tja, man kann einen “Südlän­der” leicht aus Ostana­to­lien raus­krie­gen, aber das Ostana­to­lien schwer aus dem Südlän­der.
    Inte­gra­tion bedeu­tet auch, ihnen zu erklä­ren, daß es hier Regeln des Zusam­men­le­bens gibt, welche sie einzu­hal­ten haben und ihnen nicht aufgrund von Herkunft (die armen Wilden kennens ja nicht anders!) einen Frei­brief zu verpas­sen.
    Dazu bedarf es aller­dings auch Bildung. Nicht unbe­dingt schu­lisch, eher sozial. Wenn aber Sozia­li­sa­tion in hiesige Verhält­nisse für diese Leute ein Fremd­wort ist, was sie auch nicht erklärt haben wollen, dann läuft irgend­was falsch.

    Wenn man mal ganz unideo­lo­gisch, dafür aber prag­ma­tisch an die Sache range­hen würde und durch­aus auch mal ein “Du mußt!” ausspricht und durch­setzt (ohne sich von der gleich einset­zen­den Rassis­mus­leier beein­dru­cken zu lassen), dann würde man viel gewin­nen.

  5. @Zero the Hero
    Woher weißt Du, dass die Täter aus Ostana­to­lien kommen? Und dass solches Verhal­ten Deiner Formu­lie­rung nach in Ostana­to­lien üblich ist? Und wie kommst Du auf den Gedan­ken, die Ostana­to­lier wären sozial nicht gebil­det?

Hier kannst Du kommentieren

Deine Mailadresse ist nicht offen sichtbar.


*