Mohrenstraße darf umbenannt werden

Als Cancel Culture bezeich­ne­ten einige den Versuch des Bezirks­amts Mitte, die Mohren­straße in Anton-Wilhelm-Amo-Straße umzu­be­nen­nen. Das Verwal­tungs­ge­richt Berlin hatte heute darüber zu entschei­den, ob der Beschluss recht­mä­ßig ist, oder eben nicht. Und so stan­den sich zwei Lager gegen­über, die durch­aus typisch sind für die Spal­tung, die sich heute durch die Gesell­schaft zieht.

Die einen sind für den Erhalt des Stra­ßen­na­mens, weil sie das Wort “Mohr” für geschicht­lich als nicht rassis­tisch anse­hen, sondern für einen Begriff, der vor über 300 Jahren normal war. Dass er nicht abwer­tend bezeich­net war, wurde durch die Argu­mente bestärkt, dass es eine eigene Truppe von Schwar­zen in der dama­li­gen Armee gege­ben hätte, denen vermut­lich auch die Stra­ßen­be­nen­nung zu verdan­ken ist. Mögli­cher­weise wurde die Straße aber auch nach einer Dele­ga­tion afri­ka­ni­scher Reprä­sen­tan­ten benannt, die 1684 in der Nähe einquar­tiert worden war.
Im Übri­gen würde man Stra­ßen nach Menschen benen­nen, um sie zu ehren, nicht um sie zu diskri­mi­nie­ren. Der bekannte Histo­ri­ker Götz Aly war einer derje­ni­gen, die für die Beibe­hal­tung des Namens klag­ten. Auch, weil er — in einem ande­ren Zusam­men­hang, aber ähnlich gela­gert — aus einer Fami­lie stammt, die einst aus dem Orient einge­wan­dert ist und nach denen heute die Türken­straße im Wedding benannt ist. Er argu­men­tierte auch, dass gewach­sene Stra­ßen­na­men im Regel­fall Teil der Berli­ner Geschichte sind.

Für die ande­ren jedoch ist der Name “Mohr” ein Schimpf­wort, das aus dem Stra­ßen­bild getilgt gehört. Auf Alys Argu­mente haben sie keine wirk­li­che Antwort, für sie ist der Name rassis­tisch und fertig.
Deutsch­land und seine Kolo­nien sind natür­lich in keiner Weise zu recht­fer­ti­gen oder zu verharm­lo­sen. Und dass manche Wörter im Laufe der Zeit ihre Bedeu­tung ändern können oder von einem Teil der Bevöl­ke­rung anders inter­pre­tiert werden, ist nicht unge­wöhn­lich. Heute entschul­di­gen sich Poli­ti­kie­rin­nen bereits dafür, wenn sie mal den Begriff “India­ner” benutzt haben. Die Taz schreibt heute von der “M‑Straße”, die jetzt umbe­nannt werden soll. Die Umbe­nen­nungs­geg­ner werden diffa­miert, weil sie ausschließ­lich über 70 Jahre alt sind. Offen­bar ist Alters­dis­kri­mi­nie­rung nicht so schlimm.

Ob das alles noch Anti­ras­sis­mus ist oder bereits Orwell­scher Neusprech, ist wohl Ansichts­sa­che. Sicher benutzt heute kein vernünf­ti­ger Mensch mehr die Wörter “Mohr” oder “Neger”. Aber so zu tun, als wäre Mohren­straße ein Ausdruck von Rassis­mus, ist zu einfach.
Einfach macht sich das Bezirks­amt Mitte dabei auch, denn seit Jahren besteht der Beschluss, dass bei neuen Stra­ßen oder bei Umbe­nen­nun­gen immer Frau­en­na­men genom­men werden soll, bis eine Pari­tät besteht. Dage­gen haben sie aber schon mehr­mals versto­ßen, wie bei der George-Stephen­son-Straße oder dem Otto-Weidt-Platz in der Euro­pa­city. Zwei­er­lei Maß anzu­le­gen zeigt aber auch, dass es nicht wirk­lich um Argu­mente geht, sondern um Ideo­lo­gie. Viel­leicht ist der Vorwurf des Cancel Culture doch nicht so falsch.

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